Lösungsbeschreibung des Preisrätsels vom Januar 2015

Luftlinien

1.) die Voraussetzungen: Koordinaten von Anfang- und Zielpunkt

$$\sand{\begin{align} \text{Startpunkt:}\quad\lambda_{Start}&=8,5621°&\quad\text{geografischer Länge} \\ \text{Frankfurt}\quad\phi_{Start}&=50,0368°&\quad\text{geografischer Breite} \\ \\ \text{Zielpunkt:}\quad\lambda_{Ziel}&=116,5967°&\quad\text{geografischer Länge} \\ \text{Peking}\quad\phi_{Ziel}&=40,0774°&\quad\text{geografischer Breite} \end{align}}$$

2.) Die Orthodrome: die kürzeste Verbindung zweier Orte auf einer Kugel

Die Weglänge berechnet sich nach folgender Formel: $$\sand{d_{Orthodrome}=\arccos\left(\sin\phi_{Start}\cdot\sin\phi_{Ziel}+\cos\phi_{Start}\cdot\cos\phi_{Ziel}\cdot\cos(\lambda_{Ziel}-\lambda_{Start})\right)}$$

Länge der Orthodrome:

$$\rand{d_{Orthodrome}=1,2225=70,0434°=7.782,6055\;\text{km}}\tag{1. grün}$$ Auch für die weiteren Rätselfragen gibt es Antworten mit fertigen Formeln. Das ist aber nicht der verständlichste Weg. Ich wähle hier eine Vorgehensweise, die sowohl deutlicher ist, als auch weitere Erkenntnisse und Ergebnisse liefert. Dazu sind Koordinatentransformationen erforderlich, wie sie auch bei der Umrechnung von Himmelkoordinaten angewandt werden, z.B. um ekliptikale in äquatoriale Koordinaten umzurechnen. Die Basis dazu ist ein System von drei Gleichungen: $$\sand{\begin{alignat}{2} x\;&=\cos\delta\cdot\sin\alpha\;&&=\cos\epsilon\cdot\cos\beta\cdot\sin\lambda-\sin\epsilon\cdot\sin\beta \\ y\;&=\cos\delta\cdot\cos\alpha\;&&=\cos\beta\cdot\cos\lambda \\ z\;&=\sin\delta &&=\sin\epsilon\cdot\cos\beta\cdot\sin\lambda+\cos\epsilon\cdot\sin\beta \end{alignat}}$$

mit den folgenden Winkeln

$$\begin{align} \alpha &= \text{Rektaszension (äquatorial)} \\ \delta &= \text{Deklination (äquatorial)} \\ \lambda &= \text{Länge (ekliptikal)} \\ \beta &= \text{Breite (ekliptikal)} \\ \epsilon &= \text{Schiefe der Ekliptik} \\ x,y,z &= \text{karthesische Koordinaten} \end{align}$$ Die Drehung erfolgt um die Achse, die durch die gemeinsamen Koordinaten (Frühlings- und Herbstpunkt) und den Mittelpunkt der Kugel geht. Der Drehwinkel wird am Frühlingspunkt gemessen.

Was in der Himmelsmechanik funktioniert, kann auch auf die Erdkugel angewendet werden. Die Orthodrome ist eine Strecke, die auf einem Großkreis liegt. Das Ziel ist es, durch drei aufeinander folgende Drehungen um drei jeweils senkrecht aufeinander stehende Raumachsen diesen Großkreis so auf der Kugel zu verschieben, dass er zum Äquator wird und der Anfang der Orthodrome auf dem Null-Meridian zu liegen kommt.

Ausgangsposition ist die grüne Orthodrome auf nebenstehendem Bild. Zur besseren Orientierung ist ein Gitter im Raster von 10° in Länge und Breite auf die Erdkugel aufgetragen. Der Punkt mit den Koordinaten $\tong{0°\;|\;0°}$ ist an der Stelle wo der Pfeil links unten aus der Erde heraustritt. Die drei aus der Erde herausragenden gelben Pfeile sind die Achsen, um die die folgenden Drehungen ausgeführt werden.

Die erste Drehung um die Achse Nordpol-Südpol erreicht, dass der Anfangspunkt auf den Null-Meridian zu liegen kommt. Dazu ist nicht einmal das obige Gleichungssystem zu bemühen. Nur eine Subtraktion des Wertes der Länge des Anfangspunktes von den Längen der Anfangs- und Zielpunkte leistet dieses. Das Ergebnis zeigt der Verlauf der gelben Orthodrome.

Die zweite Drehung um eine Achse, die durch die Koordinaten $\tong{90°\;|\;0°}$ und $\tong{-90°\;|\;0°}$ geht (im Bild der Pfeil rechts unten), transportiert den Anfangspunkt der gelben Orthodrome auf den Äquator, indem um den Winkel der Breite des Anfangspunktes gedreht wird. Ergebnis ist die orange Orthodrome.

Die dritte und letzte Drehung um die Achse mit den Koordinaten $\tong{0°\;|\;0°}$ und $\tong{0°\;|\;180°}$ (im Bild der Pfeil links unten) befördert den orangen Zielpunkt ebenfalls auf den Äquator, ohne dass der Anfangspunkt sich bewegt, denn der liegt ja im Drehpunkt. Der Drehwinkel ist nicht ganz so einfach zu bestimmen, wie bei den vorangegangenen Transformationen. Es ist der Winkel des rechtwinkligen Kugeldreiecks an der Koordinate $\tong{0°\;|\;0°}$, welches aus diesem Eckpunkt, dem Zielpunkt der orangen Orthodrome und dem Äquatorpunkt mit gleicher Länge wie der orange Zielpunkt gebildet wird. Das Ergebnis dieser drei anschaulichen Drehungen ist, dass der Anfangspunkt auf den Koordinaten $\tong{0°\;|\;0°}$ liegt und der Zielpunkt auf $\tong{\lambda\;|\;0°}$, mit $\lambda$ gleich der Länge der roten Orthodrome. Diese Transformationen sind nur Drehungen der Kugel und verändern weder Winkelgrößen noch Streckenlängen von gedrehten Objekten. Deshalb haben auch alle erzeugten farbigen Orthodrome die gleichen Längen, nur andere Positionen auf der Kugel.

Mathematisch geht man so vor: das obige Gleichungssystem wird nach den jeweils gesuchten Längen und Breiten aufgelöst. $$\sand{\begin{align} \lambda_{n+1}&=\arctan ( (\cos\epsilon_n\cdot\sin\lambda_n - \sin\epsilon_n · \tan\phi_n) / \cos\lambda_n ) \\ \phi_{n+1}&=\arcsin ( \cos\epsilon_n\cdot\sin\phi_n + \sin\epsilon_n\cdot\cos\phi_n\cdot\sin\lambda_n ) \end{align}}$$ Der Index n zeigt auf die Koordinaten vor der Transformation, der Index n+1 auf das Ergebnis danach. Dabei ist zu beachten, dass die Lage der Drehachsen berücksichtigt wird. Die senkrechte Achse macht gar keine Schwierigkeiten, wie eben schon erwähnt. Um die zweite Drehachse benutzen zu können, muss sie vorübergehend zum Nullpunkt werden. Dazu sind zunächst alle Längen um den Wert von 90° zu verkleinern und nach der Transformation wieder zu vergrößern. Bei der dritten Drehachse sind keine Anpassungen dieser Art erforderlich. Sie liegt schon an der richtigen Stelle.

Die zur Anwendung kommenden Drehwinkel sind $$\sand{\begin{alignat}{2} \epsilon_1\;&=\lambda_{Zielpunkt(grün)}&&=-8,5621° \\ \epsilon_2\;&=\phi_{Zielpunkt(grün)}&&=50,0368° \\ \epsilon_3\;&=-\arctan\frac{\tan \phi_{Zielpunkt(orange)}}{\sin \lambda_{Zielpunkt(orange)}}&\;&=-39,2798° \end{alignat}}$$ wobei der letzte Winkel erst nach den ersten beiden Drehungen berechnet werden kann.

Orthodromegrüngelborangerot
Koordinaten in ° $λ$$ϕ$ $λ$$ϕ$ $λ$$ϕ$ $λ$$ϕ$
Anfangspunkt 8,562150,0368 0,000050,0368 0,00000,0000 0,00000,0000
Zielpunkt 116,596740,0774 108,034640,0774 64,868836,5191 70,04340,0000
Nordpol 0,000090,0000 -8,562190,0000 0,000039,9632 27,948129,8134

Wie man in der Tabelle sieht, ist die Länge der roten Orthodrome genau so lang wie bereits oben mit der Standardformel berechnet. Der Rechenaufwand ist zwar erheblich höher, aber man versteht den Weg zum Ziel. Es gibt in der Tabelle noch eine Zeile mit den Koordinaten des Nordpols. Diese sind genauso transformiert worden und in dem Bild oben ist ein roter Pfeil zu sehen, der an der transformierten Koordinate $\tong{λ_{Nord}\;|\;ϕ_{Nord}}$ aus der Erde heraustritt. Die Breite $ϕ_{Nord}$ dieses Punktes ist der kleinste Abstand zur roten Orthodrome und die Koordinate $\tong{λ_{Nord}\;|\;0°}$ ist der transformierte Nordpunkt. Nun muss dieser nur noch rücktransformiert werden um den wahren Nordpunkt zu bestimmen. Sollte bei anderen Start- und Zielwerten (siehe ganz unten für die Eingabe eigener Werte) die Länge $λ_{Nord}$ außerhalb des Längenbereichs der roten Orthodrome liegen, so ist der wahre Nordpunkt bezogen auf den Großkreis, auf dem die Orthodrome liegt. Die Rücktransformation ist sehr einfach. Es werden die Drehungen in umgekehrter Reihenfolge und bei den Winkeln mit umgekehrtem Vorzeichen nacheinander ausgeführt. So wird der Mittelpunkt der roten Orthodrome $\tong{\frac12\cdotλ_{Ziel(rot)}\;|\;0°}$ in den Mittelpunkt der ursprünglichen Orthodrome zurück transformiert.

Orthodromerotorangegelbgrün
Koordinaten in ° $λ$$ϕ$ $λ$$ϕ$ $λ$$ϕ$ $λ$$ϕ$
Nordpunkt 27,94810,0000 22,326917,2607 46,859860,1866 55,421960,1866
Mittelpunkt 35,02170,0000 28,477321,3050 60,873759,4341 69,435859,4341

Punkt auf halber Strecke:

$$\rand{\begin{align} \lambda_{Mitte}&=69,4358° \\ \phi_{Mitte}&=59,4341° \end{align}}\tag{2. grün}$$

Nordpunkt:

$$\rand{\begin{align} \lambda_{Nord}&=55,4219° \\ \phi_{Nord}&=60,1866° \end{align}}\tag{3. grün}$$
Nun fehlen nur noch die Kurswinkel am Anfang und am Ende der Orthodrome. Das ist kein Problem, denn es gibt immer ein allgemeines Kugeldreieck mit den Eckpunkten Anfang (A) und Ende (B) der Orthodrome sowie den Nordpol (C). Die Längen sind alle bekannt und auch der Winkel am Nordpol steht fest. Beide Kurswinkel müssen gegen Norden gemessen werden weil es sich um rechtweisende Winkel handeln soll. Beim Startwinkel $α$ ist nichts weiter zu beachten aber beim Endwinkel $β$ muss der Ergänzungswinkel zu 180° genommen werden. Wer sich das Kugeldreieck mal auf einer Erdkugel ansehen will, kann hier eine Google-Earth-Datei herunterladen.

Die allgemeine Formel für den Sinus-Kosinus-Satz eines Kugeldreiecks lautet: $$\sand{\begin{align} \sin c\cdot\cos\alpha&=\cos a\cdot\sin b-\sin a\cdot\cos b\cdot\cos\gamma \\ \alpha&=\arccos\frac{\cos a\cdot\sin b-\sin a\cdot\cos b\cdot\cos\gamma}{\sin c} \end{align}}$$ $$\text{mit}\;\;\sand{a=90°-\phi_{Ziel}}\;\;\sand{b=90°-\phi_{Start}}\;\;\sand{c=d_{Orthodrome}}\;\;\sand{\gamma=\lambda_{Ziel}-\lambda_{Start}}$$

Kurswinkel:

$$\rand{\begin{alignat}{2} \alpha\;&=&\arccos\frac{\sin\phi_{Ziel}-sin\phi_{Start}\cdot\cos d_{Orthodrome}}{\cos\phi_{Start}\cdot\sin d_{Orthodrome}}&=50,7202° \\ \beta\;&=&180°-\arccos\frac{\sin\phi_{Start}-sin\phi_{Ziel}\cdot\cos d_{Orthodrome}}{\cos\phi_{Ziel}\cdot\sin d_{Orthodrome}}&=139,4768° \end{alignat}}\tag{4. grün}$$

3.) Die Loxodrome: die Verbindung zweier Orte auf einer Kugel mit konstantem Kurswinkel

Hier fängt man am besten mit dem Kurswinkel an, der auf der gesamten Loxodrome konstant ist. Man kann also einfach auf einer Karte in Mercator-Projektion den Steigungswinkel der Geraden nehmen und wegen der Eigenschaft der Kurswinkel (Start in Nordrichtung und rechtsdrehend) den Steigungswinkel von 90° abziehen oder an der 45°-Linie spiegeln. Das bedeutet für die Berechnung, man tauscht beim Argument des Arkustangens Zähler mit Nenner aus. Um einen Ergebniswinkelbereich von bis zu 360° zu erzielen ist es vorteilhaft, die Funktion atan2(y,x) zu benutzen.
Aber auch eine andere Sache ist zu berücksichtigen. Durch die Verzerrung der Mercator-Projektion muss eine Umrechnung der betroffenen Breiten erfolgen. Das geschieht mit der inversen Gudermannfunktion.

inverse Gudermannfunktion:

$$\sand{\arcgd(\phi)=\gd^{-1}=\ln\tan\left(\frac{\pi}4+\frac{\phi}2\right)=\artanh(\sin\phi)}$$

Kurswinkel:

$$\sand{\begin{align} \gamma&=\arctan\frac{\lambda_{Ziel}-\lambda_{Start}}{\arcgd(\phi_{Ziel})-\arcgd(\phi_{Start})} \\ \gamma&=\arctan\frac {\lambda_{Ziel}-\lambda_{Start}} {\ln\tan(\frac{\pi}4+\frac{\phi_{Ziel}}2) - \ln\tan(\frac{\pi}4+\frac{\phi_{Start}}2)} \\ \end{align}}$$ $$\rand{\gamma=1,7011=97,4633°}\tag{4. rot}$$ Die Länge der Loxodrome berechnet sich sehr einfach: $$\rand{d_{Loxodrome}=\frac{\phi_{Ziel}-\phi_{Start}}{\cos\gamma}=1,3382=76,6754°=8.519,4892\;\text{km}}\tag{1. rot}$$ Wenn man in der voran stehenden Gleichung die halbe Länge der Loxodrome eingibt und nach der Zielbreite auflöst, erhält man die Breite auf halber Strecke. $$\rand{\phi_{Mitte}=\phi_{Start}+\frac12\cdot d_{Loxodrome}\cdot\cos\gamma=\frac12\cdot(\phi_{Ziel}+\phi_{Start})=45,0571°}\tag{2. rot}$$ Die zugehörige Länge ist sehr einfach aus der Gleichung für den Kurswinkel zu errechnen: $$\rand{\lambda_{Mitte}=\lambda_{Start}+\tan\gamma\cdot\left(\arcgd(\phi_{Mitte})-\arcgd(\phi_{Start})\right)=64,9389°}\tag{2. rot}$$ Wer diese Seite mal mit einem Paar von eigenen Koordinaten rechnen lassen möchte kann hier die Daten eingeben und danach die Starttaste drücken. Alle Werte sind in Dezimalgrad einzugeben, wahlweise mit Punkt oder Komma. Negative Werte bei der Länge bedeuten "WEST" und bei Breite "SÜD". Die Bilder und Formeln verändern sich nicht, aber alle Zahlen und Texte, die sich auf Nordpol oder Südpol beziehen, passen sich den neuen Eingaben an. Bei Äquator überschreitenden Linien werden die Pol bezogenen Angaben weggelassen, da sie sinnlos sind.

Startpunkt: $\lambda_{Start}=$ $\phi_{Start}=$
Zielpunkt: $\lambda_{Ziel}=$ $\phi_{Ziel}=$



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sehr gut gut befriedigend
ausreichend mangelhaft ungenügend