Sonne mit Planeten

Die IAU Entwurfdefinition von "Planeten" und "Plutons"

Prag, 16. August 2006

Die Astronomen der Welt, unter dem Vorsitz der internationalen astronomischen Union (IAU), haben in zweijähriger Arbeit den Unterschied zwischen "Planeten" und den "kleineren Körpern" des Sonnensystems wie Kometen und Planetoiden neu definiert. Wenn die Definition von den anwesenden Astronomen auf der Generalversammlung der IAU vom 14. bis 25. August 2006 in Prag genehmigt wird, umfasst unser Sonnensystem 12 Planeten, mit zunehmender Tendenz: acht klassische Planeten, die das System beherrschen, drei Planeten in einer neuen und wachsenden Kategorie mit Namen "Plutons" - dies sind Pluto-ähnliche Objekte - und Ceres. Pluto bleibt ein Planet und ist der Prototyp für die neue Kategorie "Plutons".

Mit dem Aufkommen leistungsfähiger neuer Teleskope am Boden und im Weltraum hat die planetarische Astronomie in der letzte Dekade eine aufregende Entwicklung genommen. Über Tausende von Jahren war sehr wenig über die Planeten bekannt. Sie waren nur Objekte, die am Himmel in Bezug auf den Hintergrund der Fixsterne sich bewegten. Tatsächlich kommt das Wort "Planet" vom griechischen Wort für "Wanderer". Aber heute stellen Gebiete der eben entdeckten großen Körper in den äußeren Regionen unseres Sonnensystems eine Herausforderung unserer historisch gegründeten Definition eines "Planeten" dar.

Auf den ersten Blick sollte man denken, dass es einfach ist, zu definieren, was ein Planet ist - ein großer und runder Körper. Beim weiteren Nachdenken entstehen Schwierigkeiten, da man sich fragen muss: wo ist die untere Grenze? - wie groß und wie rund muss ein Asteroid sein, um als Planet zu gelten? Genauso gilt die Überlegung für die obere Grenze: wie groß kann ein Planet sein, bevor er ein brauner Zwerg oder ein Stern ist?

IAU Präsident Ron Ekers erklärt die Logik hinter der Definition für einen Planeten: "Moderne Wissenschaft liefert viel mehr Wissen als die einfache Tatsache, dass die Körper, welche die Sonne umkreisen, in Bezug auf den Hintergrund der Fixsterne sich zu bewegen scheinen. Z.B. gibt es Neuentdeckungen von Körpern in den äußeren Regionen unseres Sonnensystems, die in der Größe vergleichbar mit Pluto sind. Mit diesen Entdeckungen stellt sich zu Recht die Frage, ob sie nicht für neue Planeten gehalten werden sollten."

Die internationale astronomische Union ist seit Ihrer Gründung im Jahre 1919 der Schiedsrichter bei Fragen der Bezeichnung von Planeten und deren Satelliten gewesen. Die Astronomen der Welt, unter dem Vorsitz der IAU, haben fast zwei Jahre behutsam an einer neuen amtlichen Definition für das Wort "Planet" gearbeitet. Die Spitze der IAU, das so genannte Executive Committee, geführt von Ekers, beriefen einen siebenköpfigen Ausschuss zur Planetendefinition (PDC), bestehend aus einer internationalen Zusammenstellung von Astronomen, Schriftsteller und Historiker. Diese Gruppe von sieben kam in Paris Ende Juni bis Anfang Juli 2006 zusammen. Auf dem Höhepunkt des zweijährigen Prozesses erreichten sie eine einmütige Übereinstimmung für die vorgeschlagene neue Definition des Wortes "Planet."

Owen Gingerich, der Vorsitzende des Ausschusses zur Planetendefinition sagt: "Im Juli hatten wir heftige Diskussionen über die wissenschaftlichen und kulturell/historischen Argumente, und am nächsten Morgen ließen einige Mitglieder erkennen, dass sie nicht gut geschlafen hatten und sie waren in Sorge, dass wir keine Übereinstimmung erreichen würden. Aber am Ende eines langen Tages war das Wunder geschehen: wir hatten eine einmütige Vereinbarung erreicht."

Der Teil von "IAU Resolution 5 for GA-XXVI", welcher die Planetendefinition beschreibt, besagt: "ein Planet ist ein Himmelskörper, welcher (a) genügend Masse hat, damit seine Eigenschwerkraft steife Körperkräfte überwindet, damit er eine im hydrostatischen Gleichgewicht befindliche Form (fast rund) annimmt, und (b) in einer Bahn um einen Stern umläuft, wobei er weder selbst ein Stern ist noch ein Satellit eines Planeten." Das Mitglied des Ausschusses zur Planetendefinition, Richard Binzel sagt: "Unser Ziel war, eine wissenschaftliche Grundlage für eine neue Definition des Planeten zu finden und wir wählten Schwerkraft als den entscheidenden Faktor. Die Natur entscheidet, ob ein Objekt ein Planet ist."

Entsprechend der neuen Entwurfsdefinition müssen zwei Bedingungen erfüllt werden, damit ein Körper "Planet" genannt werden kann. Zuerst muss sich das Objekt in einer Bahn um einen Stern befinden, selbst aber kein Stern sein. Zweitens muss der Körper groß genug sein (oder technischer korrekt, massiv genug) damit seine eigene Schwerkraft ihn in eine fast kugelförmige Form zieht. Die Form der Körper mit Masse über 5 x 1020 Kilogramm und Durchmesser größer als 800 Kilometer würden normalerweise durch die Eigenschwerkraft diese Bedingung erfüllen, aber alle Grenzfälle müssen durch Beobachtung überprüft werden.

Wenn der Vorschlag der neuen Definition angenommen wird, sind die 12 Planeten in unserem Sonnensystem Merkur, Venus, Erde, Mars, Ceres, Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun, Pluto, Charon und 2003 UB313. Der Name 2003 UB313 ist provisorisch, da ein endgültiger Name diesem Objekt noch nicht zugeordnet worden ist. Eine Entscheidung und Verkündung eines neuen Namens ist während der IAU Generalversammlung in Prag nicht wahrscheinlich, aber zu einem späteren Zeitpunkt. Das Benennungsverfahren hängt vom Resultat der Abstimmung über die neue Definition ab. Es gibt in Zukunft höchstwahrscheinlich viele neue Planeten durch das IAU zu verkünden. Z.Z. sind ein Dutzend "Bewerberplaneten" auf der IAU "Beobachtungsliste" verzeichnet. Diese Zahl ändert sich dauernd, während neue Objekte gefunden werden und die Physik der vorhandenen Anwärter besser bekannt wird.

Der IAU Entwurf definiert auch eine neue Kategorie von Planet für den amtlichen Gebrauch: "Pluton". Plutons sind von den klassischen Planeten dadurch unterschieden, dass sie in Bahnen um die Sonne laufen, die länger als 200 Jahre für einen Umlauf benötigen, (d.h. sie umlaufen die Sonne jenseits von Neptun). Plutons haben gewöhnlich Bahnen, die in hohem Grade in Bezug auf die klassischen Planeten gekippt sind (technisch gekennzeichnet durch eine große Bahninklination). Plutons haben auch gewöhnlich Bahnen, die weit von einer Kreisform entfernt sind (technisch gekennzeichnet durch eine große Bahnexzentrizität). Alle diese unterschiedlichen Eigenschaften für Plutons interessieren wissenschaftlich deshalb, weil ein anderer Entstehungsursprung gegenüber den klassischen Planeten anzunehmen ist.

Der Entwurf zur neuen "Planetendefinition" wird während der Generalversammlung besprochen und verfeinert und dann wird er (zusätzlich zu vier anderen Anträgen) zur 2. Sitzung des GA am 24. August zwischen 14:00 und 17:30 Uhr MESZ zur Abstimmung gestellt.

Anmerkungen:

Ausführlichere Informationen über die Implikationen des Entwurfs können in den anderen Dokumenten gefunden werden, die dieses Pressekommunique begleiten (bei http://www.iau2006.org/):
Die IAU ist eine internationale astronomische Organisation, die namhafte Astronomen aller Nationen zusammenbringt. Das Ziel von IAU ist, die Astronomie in allen ihren Aspekten durch internationale Mitarbeit zu fördern und zu schützen. Gegründet im Jahre 1919, ist die IAU die größte professionelle Vereinigung für Astronomen. Die IAU Generalversammlung wird alle drei Jahre abgehalten und ist eine der größten und vielseitigsten Veranstaltungen im Kalender der astronomische Gemeinschaft.