Belgien (2000) – Internationale Konferenz in Antwerpen über Sonnenfinsternisse
Von Eckehard Schmidt
Das Jahr 2000 blieb Sonnenfinsternisfrei; zugegeben nicht ganz, aber keine totale SoFi und sehr ungünstig gelegen,
so dass die große Gemeinde der Sonnenfinsternisreisenden verzichtete, in die unwirtliche Gegend zu fahren.
Stattdessen organisierten Patrick Poitevin & Joanne Edmonds vom 14.-15.10.2000 eine internationale Konferenz
in Antwerpen-Elzenveld über Sonnenfinsternisse: „Solar Eclipse Conference – A crossroad on physics
and eclipses of the sun“ (SEC 2000). – Und alle wichtigen und bekannten Leute kamen.
Im Vortragsteil der Konferenz stellten sowohl Wissenschaftler ihre Forschungsergebnisse vor wie auch Amateurastronomen.
Und es machte den Charme der Veranstaltung aus, dass hier Profis neben Amateuren referierten, verbunden durch das
persönliche Engagement bei Sonnenfinsternisbeobachtungen.
Eclipse chasers
Beispielsweise hielten Jay Anderson, Fred Espenak, Jay Pasachoff, Ed Krupp und Daniel Fischer Vorträge.
Letzteren hatte unsere Reisegruppe bereits bei der 1990er Sonnenfinsternis in Ilomontsi , Finnland, kennengelernt gehabt.
Ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier eine ganze Generation, ca. 40 und 60 Jahre alt, vertreten war,
die während der 1980-2000er Jahre, den Sonnenfinsternissen verfallen und in der Weltgeschichte herum gereist war,
um nur keine Finsternis zu verpassen.
Auch Paul David Maly nahm in Antwerpen teil. Seinen Namen kannte ich aus einem Zeitungsartikel, der am 3. November
1994 im „El Comercio“, Lima, Peru, erschienen war, wo er als US-amerikanischer Astronom interviewt und
von der Zeitung zitiert worden war, mit der Aussage, dass die 94er Finsternis seine 15. Sonnenfinsternis sein würde.
Auch wir waren damals mit unserer Reisegruppe unterwegs gewesen und hatten viele Presseartikel aus Peru zur Auswertung
mit nach Hause gebracht gehabt.
Offizielle Repräsentanten der staatlichen Tourismusagenturen von Sambia und Simbabwe, den Ländern der totalen
Sonnenfinsternis am 21.6.2001, nahmen teil und gaben bereitwilligst Auskunft über die besten Beobachtungsplätze,
Reisechancen und Klimaprognosen.
Beeindruckt war ich zunächst von der großen Anzahl der Sonnenfinsternisreisen, die die Versammelten durchgeführt hatten.
Bis zur Konferenz waren es bei mir sechs Sonnenfinsternisreisen gewesen und jetzt ich fühlte ich mich damit auf den hinteren Plätzen.
Mir wurde plötzlich bewusst, dass etliche Teilnehmer einen großen sportlichen Ergeiz besitzen, möglichst viele
Sonnenfinsternissekunden zu erhaschen. Erleichtert wird dies durch den globalen Tourismus, der sich mit der Astronomie paart.
Während die Berufsastronomen früherer Jahrhunderte sich viele Wochen plagen mußten, bis sie ihre Ziele für
Sonnenfinsternisbeobachtungen erreicht hatten, ermöglicht der moderne Jetset superschnelles Reisen für jeden.
Und dennoch: die Ernsthaftigkeit, mit der die meisten von ihren Sonnenfinsternisreisen und Beobachtungen erzählten,
zeigte mir, wie wichtig und bedeutsam das Erlebnis für jeden sein kann und jeder verbindet eine persönliche Note damit.
Besonders sprach mich der wüstentauglich und zum Campingbus umgebaute Unimog an, der bereits draußen vorm Kongresssaal parkte,
um nach Ende der Konferenz Europa in Richtung Afrika zu verlassen, um so rechtzeitig bis zum 21.6.2001 Sambia erreichen
zu können – das scheint mir Idealismus pur zu sein.
„Freunde der im Mondschatten-Stehenden“
Irgendwie faszinierte mich denn doch das „Guinness-Buch“ der Rekorde: natürlich nicht Guinness,
sondern die Hitliste der „Freunde der im Mondschattenstehenden“ (Umbraphiles – The world´s
leading total solar eclipse chasers).
An erster Stelle, ausgewertet waren die totalen Sonnenfinsternisse bis zum Konferenzbeginn, also bis 2000, stand:
- Glenn Schneider mit 21 bereisten Sonnenfinsternissen,
davon 18 gesehenen totalen Sonnenfinsternissen. 58,5 Minuten stand er im Mondschatten.
Seine erste SoFi sah er 1970.
- Ihm folgte Jay Pasachoff mit 51 Minuten. Seine erste SoFi sah er 1959.
- Bernie Verreau mit 50,6 Minuten. Seine erste SoFi sah er 1972.
- Mit schon deutlichem Abstand auf Platz 4, Fred Espenak mit
38, 7 Minuten. Seine erste SoFi sah er 1970.
Wer in diese internationale Hitliste aufgenommen werden möchte, der maile an Sheridan Williams,
chasers@clock-tower und gebe an:
- 1. den vollen Namen
- 2. Land des aktuellen Wohnsitzes
- 3. E-Mail-Adresse
- 4. Monat/Jahr der totalen Sonnenfinsternis
- 5. Beobachtungsort (geogr. Länge/Breite oder den nächstgelegenen Ortsnamen) der Sonnenfinsternis
- 6. Dauer der Totalität an diesem Beobachtungsort
- 7. Himmel- und Wetterbedingungen: a) absolut klarer Himmel, b) hohe Cirruswolken, c) sichtbar durch mitteldichte Wolken, d) kaum noch sichtbar, e) komplett Wolkenverhangen.
Die Punkte 4 bis 7 sind für jede Finsternis zu wiederholen. Sheridan bat, dass sich bei ihm nur diejenigen
melden sollten, die mehr als eine SoFi besucht haben, sonst würde seine Tabelle zu lang werden.
Aus diesen Angaben entwickelt Sheridan eine Tabelle, die sogar Feinheiten berücksichtigt, ob die SoFi wegen schlechten Wetters
nicht zu sehen war - dann gibt es einen entsprechenden Abzug bei der Korona-Gesamtbeobachtungszeit:
- Die Tabelle enthält natürlich das Jahr der totalen Sonnenfinsternis
- das absolute Maximum der Totalitätsdauer
- Namen der Beobachter
- die tatsächlich gesehenen Sonnenfinsternisse
- die Sonnenfinsternisse, die man insgesamt beobachtet hat und beobachten wollte; vereinfacht: die Zahl der SoFi-Reisen
- die totale Dauer in Minuten aller tatsächlich gesehenen Sonnenfinsternisse
- „Score“ zeigt die Trefferquote in Prozent an: Verhältnis tatsächlich gesehener Sonnenfinsternisse zu den insgesamt beabsichtigt gewesenen Totalitätsbeobachtungen
- weitere Spalten wie 2001, 1999 oder 1998 enthalten in Sekunden die tatsächlich beobachtete Totalitätsdauer. Eine Null in den Spalten bedeutet, dass die Finsternis wegen schlechten Wetters nicht gesehen werden konnte
Meine persönliche Rechnung sieht etwas anders aus: Auch bewölkte und verregnete Sonnenfinsternisse bleiben
erlebnisreich und spannend, weshalb ich diese entgegen der vorstehend erwähnten internationalen Rekordliste trotzdem mitzähle.
Selbst bei schlechtem Wetter gibt es ein „Dunkelheitserlebnis“, auch wenn der Mond nur auf die Wolkendecke fällt.
Einschließlich der Sonnenfinsternis von 2001, die von mir ein Jahr nach Antwerpen beobachtet wurde, sind es 7 Reisen gewesen,
die von mir veranstaltet worden sind. Bei zweien konnte die Totalität nicht beobachtet werden (Finnland 1990 und Deutschland 1999),
bleiben also 5. Wie ausgeführt, sind alle Sonnenfinsterniszeiten addiert.
Die folgende Tabelle berücksichtigt die ersten 30 Sonnenfinsternisreisende.
Insgesamt nahmen an meinen Reisen bis 2001 über 80 Teilnehmer teil.
Reiseteilnehmer | SoFi-Reisen | Anzahl Sekunden |
Schmidt, Eckehard | 7 | 1275 |
Schmidt, Klaus | 4 | 847 |
Engeln, Karsten von | 3 | 669 |
Berg, Hildegard | 2 | 553 |
Lieb, Karl-Heinz | 2 | 506 |
Scharf, Lothar | 2 | 461 |
Nastvogel, Elisabeth | 3 | 413 |
Abstein, Bernd | 1 | 412 |
Finke, Christine | 1 | 412 |
Geck, Dietrich | 1 | 412 |
Gund, Heinz Joachim | 1 | 412 |
Hahn, Hermann Michael | 1 | 412 |
Lindner, Ulrich | 1 | 412 |
Mewes, Ernst-Reinhold | 1 | 412 |
Petersen, Ilse | 1 | 412 |
Petersen, Christian | 1 | 412 |
Rojek, Georg | 1 | 412 |
Schäfer, Ferdinand | 1 | 412 |
Schäfer, Hildegard | 1 | 412 |
Scharf, Ursula | 1 | 412 |
Serban, Andrej | 1 | 412 |
Uth, Helga | 1 | 412 |
Uth, Gerhard | 1 | 412 |
Vornholz, Dieter | 1 | 412 |
Weinel, Elisabeth | 1 | 412 |
Trebs, Jörg | 2 | 334 |
Seelmann, Irmgard | 2 | 304 |
Schürle, Michael | 2 | 287 |
Görze, Ulrich | 2 | 257 |
SEC im Jahr 2004
Alle Konferenzteilnehmer waren zum Schluss einig, dass diese Konferenz eine Fortsetzung finden muss! Der Vorschlag lautete: 2004,
mal wieder ein Jahr (leider !) ohne totale oder ringförmige Sonnenfinsternis; die partiellen Sonnenfinsternisse vom 19. April
und 14. Oktober 2004 sind von Europa aus nicht zu beobachten.
Während dieser Bericht geschrieben wurde, erschien bereits der erste Hinweis auf SEC 2004:
Thema "A CROSSROAD ON PHYSICS & ECLIPSES 0F THE SUN"
Termin ist der 20.-22. August 2004
Ort: Open University Milton Keynes, England.
Informationen über
solareclipsewebpages.users.btopenworld.com/SEC_files/SEC2004.html