Eine Rundtour um Island mit Beobachtung der ringförmigen Sonnenfinsternis
am 31.Mai 2003

60 Stunden „HERR DER RINGE“

von Joe T.

Es sei gleich zu Anfang gesagt, so ganz war man nicht der Herr der Ringe. Eine schöne Tour in nur 56 Stunden war es aber allemal!

Wie kommt man auf eine solche Idee? Natürlich spontan! Das heißt man sieht in den Fachzeitschriften das Thema Sonnenfinsternis, liest an welchem Ort der Welt es stattfindet (ist ja super, liegt doch gar nicht so weit weg) und es liegt in einem machbaren Zeitraum (zum Beispiel an einem Himmelfahrtswochenende). Und da war doch noch was? Ach ja, man sollte es auch noch finanzieren können.

Eine Reisebegleitung hatte ich auch, meine Frau (ich Glückspilz). Und los ging es.
Insgesamt waren es 1633 km auf isländischen „Straßen“ und ein paar Meter zu Fuß. Uns begegneten nicht viele Autos oder Menschen (Island hat immerhin 280.000 Einwohner), dafür sahen wir viele Schafe & Lämmer, Vögel (den Papageientaucher natürlich nicht), Islandpferde, ein paar Kühe und einen Polarfuchs.

Wir sind am 29.Mai um 15:00 Uhr Ortszeit in Keflavik gelandet. Vom internationalen Flughafen fuhren wir mit einem gemieteten Opel-Astra-Kombi (gleichzeitig unser Hotel) in Richtung Hauptstadt (Reykjavik), um dann im wesentlichen auf der Ringstraße 1 gegen die Uhr die Insel zu umrunden. Unser Ziel war der Ort Vopnafjördur auf der Ostseite der Insel. Dort wollten wir mit der Reisegruppe von Herrn Schmidt aus Nürnberg zusammentreffen, um dann am 31.Mai in den frühen Morgenstunden eine phantastische Sonnenfinsternis zu erleben.

Noch am 29.Mai fuhren wir rund 400 km bis zu unserer ersten Nachtrast (unterhalb des Fjallsjökull, einer kalbenden Gletscherzunge des größten isländischen und wohl auch europäischen Gletschers, dem Vatnajökull). Unterwegs nahmen wir die raue Landschaft im Süden der Insel mit. Vorbei, oder besser durch riesige Lavafelder (je nach Alter mehr oder weniger verwittert, bewachsen und immer einzigartig). Auf Lanzerote (Kanarische Inseln) konnte man schon ähnliches sehen, außer das diese etwas gewaltiger in der Ausdehnung waren. Durch eines fuhren wir fast 100 km. Wir besichtigten unsere ersten Wasserfälle (wovon es in Island wohl doch genügend gibt), das heißt den Seljalandsfoss:

Island Wasserfall

Malerisch, schon von weitem in der Landschaft zu sehen, ein wenig feucht beim Umwandern, aber mit herrlichen Lichtspielen versehen (Regenbogen, oder Sonne scheint durch den Wasserfall). Vorher sahen wir von weitem, übrigens bei herrlichstem Sonnenwetter, noch die Dampfwolken heißer Quellen in der Nähe von Geysir. Und durch ein riesiges Wasserdeltagebiet namens Skeidararsandur mussten wir fahren.

Das muss das Gebiet gewesen sein, wo 1996 gewaltige Wassermassen sich einen Weg zum Atlantik gebahnt hatten, nachdem der Vulkan Gjalp unter dem Gletscher ausgebrochen war. Und wir sahen schließlich noch den höchsten Berg Islands, mit 2119 m, den Hvannadalshnjukur.

Es wurde so langsam 21:00 Uhr, „Ach komm wir fahren noch bis es dunkel wird!“ Es wurde 22:00 Uhr und es war immer noch hell (halt Sommer), aber um 23:00 Uhr war es nicht anders. Sind das etwa die Weißen Nächte? Jetzt schon? Und hier? Damit hatten wir nun gar nicht gerechnet. Wir hatten uns eigentlich spontan für eine Sonnenfinsternisreise nach Island, ins Land der Kälte entschieden, und nun das. War doch super! Na dann können wir eben hier anhalten, kurz vor „Mitternacht“ zwischen oben erwähntem Gletscher und dem Atlantik, höchstens eine Breite von 500 m, idyllisch. Man richtete sich kurz in seinem Auto-Hotel gemütlich ein und legte sich zum schlafen. Schlafen war es dann nicht wirklich, zu ungewöhnlich, zu hell und man war zu aufgeregt. Also ging es um 5:00 Uhr schon wieder auf den Weiterweg über 640 km zum nächsten Ziel. Es ging weiter entlang der Südküste. Unser erster touristischer Blick galt einem einfach schön anzuschauenden Gletschereissee, dem Jökulsarlon. Frühstück gab es im kleinen Fischerort Höfn.

Und dann kamen die ersten unbefestigten Straßenteile der Ringstraße, ein bisschen rutschig, meist sehr kurvenreich und dann auch noch 10 bis 16%-ige Anstiege. Links der Vulkankegelschotterhang und rechts geht es abwärts zum Atlantik, ein wenig abenteuerlich mit einem normalen Pkw, für mein fahrerisches europäisches Festlandgefühl nur mit Tempo 30 bis 50. Man versteht etwas mehr die großen Geländewagen mit den meist überdimensionierten Reifen.
Landschaftlich sind wir südöstlich der Insel auf dem Weg durch viele Buchten, das heißt viel Weg ohne wirklich vorwärts zu kommen. Das Wetter zeigt sich an diesem Tag eher von der bewölkten Seite. Schlechtes Zeichen!? Im Vorhersagedienst vom DWD war dies leider schon angekündigt worden, muss doch nun wirklich nicht sein das sie auch noch recht haben. Es keimte die Idee nicht in Vopnafjördur die SoFi abzuwarten, sondern schon eine Ausweichvariante zu suchen bei der die Chance größer war, etwas zu sehen. Da wir aber sehr früh aufgestanden waren, hatten wir etwas Zeit gewonnen, um dennoch den 100 km- Umweg nach Vopnafjördur zu unternehmen. Da Eckehard mit seiner Gruppe noch nicht im Ort war, nutzten wir die Zeit für eine ordentliche Dusche und einen schönen Kaffee, und wir warteten. Gegen 19:00 Uhr entschlossen wir uns weiter Richtung Myvatn zu fahren um auf der Hochebene einen Platz für die SoFi-Beobachtung zu finden. Wir waren ca. 10 km gefahren, da kam uns ein kleiner gelber Reisebus entgegen, das musste er sein. Warnblinker an, Lichthupe betätigt-
Is this the german group? Und richtig, aus dem Fahrerfenster schaut mir Eckehards Gesicht entgegen. Kurzer Talk, man trifft sich eben in Island! Bis bald in Deutschland, viel Glück für die SoFi und weiter geht die Fahrt. Nach zwei Stunden Fahrt, in der Nähe von Dettifoss (größter europ. Wasserfall) an einem Info-Punkt, es ist 22:00 Uhr, halten wir für unseren zweiten Nachtstop. Eine sehr windige Gegend, eben freie Hochebene, dafür hat man freie Sicht in die Nord-Ost-Richtung. Die Sonne geht scheinend in Richtung Horizont, also stehen wir richtig? Das Schlafdefizit wächst allmählich, der Wind heult und es preschen zwei Autos vorbei. Im Umkreis von 40 km wohnt hier keiner!

Finsternisbeginn Island

Noch vor der Zeit werde ich wach, der Himmel hat sich kräftig zugezogen (wie der Wetterbericht im isländischen Fernsehen vorhergesagt hat). Eigentlich keine Chance, aber am Horizont ein schmaler Streifen, vielleicht 5° Höhe, und.... die Sonne kommt....

Es ist kurz vor drei. Es ist wie ein Krimi: die Sonne geht auf, in Richtung geschlossene Wolkenschicht, von rechts jagen irgend- welche Bodenwolken auf sie zu. Erste Wolkenstreifen schieben sich davor, werden bestimmt auch lustige Fotos. Aber wo ist der Mond?

Da, ich sehe die angeknabberte Ecke. Wie lange haben wir diese Sicht noch? Meine Frau und ich sind ganz zappelig. Man muss sich die Situation vor Augen führen. Eigentlich hatten wir nicht mehr groß damit gerechnet, dann doch dieser Hoffnungsschimmer. Wir sitzen im Auto, in der 2. Reihe, Fotoapparat und Videokamera auf Kleinstativen und die Scheibe heruntergekurbelt (denn draußen pfeift erbärmlich der Wind, da hätte nichts stillgestanden, selbst das Auto wackelt hin und wieder) und.... die Sonne verschwindet mit leicht bedecktem Anteil unwiderruflich in der oberen Wolkenschicht. Keine ringförmige Sonnenfinsternis, wir sehen sie jedenfalls nicht, uns ist nur noch kalt. Nicht einmal das Überstreifen des Mondschattens macht sich bemerkbar. Nur die Kontraste werden etwas verschwommener, oder ist man nur noch müde?

Nach drei Stunden Tiefschlaf fahren wir zum „Mückensee“, um im Hotel Myvatn zu frühstücken. Die Gegend hat ihren Namen nicht umsonst, wie wir bei einem kleinen Zwischenstopp an einem Fluss bemerkten. Nach spätestens zwei Minuten flüchteten wir mit mehreren Hunderten von diesen kleinen, aber lästigen Wesen wieder zum Auto.

Mückensee Island

Jetzt, 32 Stunden nach der Ankunft, sind wir eigentlich schon wieder auf der Rückfahrt, im Norden der Insel, nur noch 24 Stunden bis zum Abflug. Wir fahren direkt vorbei am Godafoss dem „Wasserfall der Götter“ (einer Geschichte die um 1000 u.Z. von der Christianisierung Islands berichtet). Ansonsten ist der Norden wohl der bewachsenere und bewohntere Teil der Insel. Hier wird mehr Landwirtschaft in den weiten Tälern betrieben. Obwohl am Wegrand mehr Vulkankrater sichtbar sind, z.b. in Myvatn oder später der Gobrak, macht die Landschaft einen älteren und geschliffeneren Eindruck.

Die Temperaturen liegen übrigens immer zwischen 5°C und 9°C, egal ob Tag oder „Nacht“. Es ist scheinbar eher abhängig von der Höhe und vom Zivilisationsgrad (Reykjavik hatte 12°C). In Deutschland fängt man dagegen eher an zu schwitzen bei etwas mehr als 25°C.

Hier regnet es heute beständig. Wir sind weiter auf dem Weg, rund 600 km in Richtung Hauptstadt, so auch durch die schönste Stadt Islands, Akureyri. Wenn man hier ein Zwischenstopp einlegt, sollte man sich unbedingt die Kirche und den liebevoll und für das Auge sehr wohltuenden Botanischen Garten anschauen. Es gab dann noch weitere Stopps an einigen „Ausguckpunkten“ und am schon erwähnten Vulkankegel Gobrak. Dann passieren wir bei Akranes den einzigen Tunnel, mit 5770 m Länge und einer Menge Atlantik über einem (auf einer tektonisch aktiven Insel, das letzte Erdbeben war erst im Juni 2000) und einer Streckenführung im Tunnel mit 10% Steigung/Gefälle. Und schon haben wir die Runde vollendet und sind in Reykjavik. Dort übernachten wir noch einmal angenehm, in einem richtigen Hotel. Am nächsten Morgen, gegen 5:00 Uhr machen wir uns auf den Weg zum Flughafen in Keflavik. Heute ist Kindertag und Guten Heimflug!

Der Mai hatte ja im astronomischen Sinne einiges zu bieten. Da war zuerst der Merkurtransit, den wir nach anfänglicher Bewölkung gut beobachten konnten. Dann am 16. Mai fand eine Mondfinsternis im Morgengrauen statt, bei der es leider nur den Anfang zu sehen gab und uns dann eine fette Wolkenschicht die weitere Show vermieste. Und nun schon wieder eine leicht verkorkste Beobachtung eines Himmelschauspiels. Bleibt man zu Hause, sieht man nicht viel (die letzten Mondfinsternisse in Berlin gingen alle schief). Und verreist man, sieht man auch nicht viel mehr. Also, auf zu nächsten „Untaten“, egal wo sie stattfinden!