Naturschauspiele Venezuelas und Arubas (1998)

Von Eckehard Schmidt

Wieder einmal hatten wir eine Reise so geplant gehabt, dass der Tag der Sonnenfinsternis zum Ende der Reise lag. Heute war der zwanzigste Tag, Donnerstag, der 26.2.1998. Und wir hofften darauf, dass dieser Tag das berühmte „Tüpfelchen“ auf dem i unserer Reise würde. Der frühe Morgen versprach jedenfalls schon mal gutes Wetter für die am Mittag stattfindende Finsternis.

Nach dem alle Mietautos auf der Insel bereits seit langem ausgebucht waren, fuhren wir mit dem öffentlichen Bus nach San Nicolas. Zwar lag die gesamte Insel in der Finsterniszone, aber das Optimum an „Finsterniszeit & beste Wetterbedingungen & schöne Landschaft“ lag nun mal im Südosten an der wunderschönen Baby-Bucht, die aber von Reisegruppen um die Zeitschrift Sky & Telescope reserviert und deshalb für uns gesperrt war.

In San Nicolas frühstückten wir und kauften Tagesproviant ein, weil wir diesen besonderen Tag im Rahmen eines Picknicks erleben wollten. Außerdem hatten wir erfahren gehabt, das auf der Insel ab mittags zu den Finsterniszeiten und dem restlichen Tag sowieso alle Geschäfte geschlossen haben sollten, ein weiterer Grund uns mit Essen und Trinken einzudecken.

Zufällig entdeckten wir an der Straße noch ein Postamt, um die aktuellen Briefmarken zur Sonnenfinsternis zu kaufen. Am Postschalter lernten wir Jerold Massler kennen, ebenfalls ein Eclipse Chaser, dies sollte seine 11. Finsternis werden. Wir blieben in Kontakt und trafen uns ein Jahr später in Deutschland in Kollbach zur Finsternis wieder.

Mit einem Taxi fuhren wir los und folgten dem Beobachtungsplatz-Tipp des Fahrers: eine überdachte Bushaltestelle mit Sitzbank. Ein sehr nützlicher Vorschlag, denn wir hatten ein schattenspendendes Dach, Schutz vor Regen und ausreichend Sitzgelegenheit.

Auf der Straße wurde es lebhafter. Die Autofahrer fuhren zu ihren Beobachtungsplätzen. Plötzlich hielt ein Auto vor uns und eine Familie stieg aus. Nach einigen Wortwechseln in englisch unterhielten wir uns in deutsch weiter, denn es war Familie Rainer, Christa und Christian Klemm aus Passau, von der dortigen Volkssternwarte. Rainer Klemms Sonnenfinsternisfotos waren schon häufiger in Sterne und Weltraum zu bewundern gewesen. Von nun an beobachteten wir gemeinsam – wie das Wetter immer schlechter wurde.

Minuten vor dem ersten Kontakt: Regen! Eine Katastrophe! Die Autos fuhren jetzt in entgegengesetzter Richtung, in der Hoffnung im Norden der Insel besseres Wetter zu finden. Wir harrten aus und sprachen uns Mut zu. Das wirkte Wunder. Das zunächst herbeigesehnte Wolkenloch stellte sich mehr und mehr als klarer werdender Himmel heraus. Glück gehabt! Zwar verpaßten wir wegen der Wolken den ersten Kontakt, aber danach wurde es nur noch besser, und wir erlebten die Totalität bei gutem Wetter.

Danach: Klemms luden uns in ihr Auto ein und gemeinsam begossen wir das Sonnenfinsterniserlebnis in Charlie´s Bar in San Nicolas.

Diese berühmteste Bar Arubas hatten wir schon am Tag zuvor kennengelernt, als wir uns einen Beobachtungsplatz ausspähen wollten. Am Strand des Baby-Beaches lernten wir das US-amerikanische Ehepaar Beverly und Tom Whiting aus Erie, Pennsylvania, kennen und tauschten unsere amateurastronomischen Erfahrungen aus.

Das Ehepaar Whiting trafen wir ein Jahr später, 1999, in Deutschland, in Keplers Geburtsort, Weil der Stadt, wieder, wo wir einige gemeinsame Stunden verbrachten und unsere Erlebnisse erzählten. Ihnen sollte es 1999 genauso ergehen wie uns in Kollbach: Wolken und Regen.

Nach der Sonnenfinsternis besuchten wir noch uns bekannte Teilnehmer in der Reisegruppe des Astronomischen Arbeitskreis Wetzlar, die im Hotel Radisson übernachteten. Unter ihnen waren bekannte Teilnehmer früher Astronomie Studienreisen und wir tauschten unsere Erlebnisse aus. Alles in allem eine sehr kommunikatiive Reise mit schönen Erlebnissen.

Reiseprogramm Venezuela und Aruba 1998:

Erster Tag, Samstag, 7.2.1998: Flug Frankfurt nach Caracas.
Zweiter Tag: Besichtigung der historischen Altstadt von Caracas mit der Plaza Bolivar und der Kathedrale, dem Geburtshaus Bolivars. Museum Casa Anauco, Fahrt nach El Hatillo, einem hübschen Kolonialvorort von Caracas.
Dritter Tag: Flug nach Ciudad Bolivar am Rio Orinoco. Fahrt nach Ciudad Guayana an die Stromschnellen des Rio Caroni, Bootsfahrt am Zusammenfluß mit dem Rio Orinoco.
Vierter Tag: Spanische Forts von Guayana La Vieja. Fahrt in die Gran Sabana, Regenwald und Goldgräberfelder des Guayana -Hochlands bis nach Tumeremo.
Fünfter Tag: Durch den Regenwald auf der Ruta 10 zu den Goldgräberorten El Dorado und San Isidro. Aufstieg über Serpentinen zu der ca. 1000 m ü. d. M. liegenden Hochebene der Gran Sabana, der geheimnisvollen Welt der Tafelberge und majestätischen Wasserfälle, am mächtigen Granitfelsen Piedra De La Virgen, zum Rio Kamoiran.
Sechster Tag: Besuch der Pemon-Indios und des Wasserfalls Chinak Meru. Fahrt zwischen den legendären Tepuis (Tafelberge) zum Kama Meru zur Pachecoschlucht und zur Quebrada De Jaspe, ein aus dem feuerroten Halbedelstein Jaspis bestehendes Flußbett, weiter zur Grenzstadt Santa Elena De Uairen.
Siebter Tag: Entlang der gewaltigen Tepuis Roraima, Kukenan und Uruani. Nach Ciudad Guayana und weiter nach Caracas.
Achter Tag: Flug nach San Fernando De Apure in den Llanos. Durch Savanne, Weidelandschaft und Galeriewälder zum Hato El Cedral, eine riesige Farm mit artenreicher Tierwelt u.a. Wasserschweine, Ameisenbären, Affen, Rehe, Leguane, Kaimane, Schildkröten, Schlangen, ca. 300 verschiedene Vögel.
Neunter Tag: Hato El Cedral und Erkundung der Fauna mit Geländewagen und per Boot auf dem Rio Matiyure.
Zehnter Tag: Fahrt nach Barinas - auf landschaftlich reizvoller Strecke hinauf in die Paramos via Sierra De Santo Domingo, mit herrlichem Blick auf die Kordillere nach Los Frailes.
Elfter Tag: Nationalpark Sierra Nevada und Laguna De Mucubaji, einem von 200 Gletscherseen im Parkareal. Freilichtmuseum Los Aleros. Fahrt in die Hochanden nach Merida.
Zwölfter Tag: Auffahrt mit der höchsten Seilbahn der Welt auf den Pico Espejo (4765 m), mit fantastischem Rundblick über die Anden.
Dreizehnter Tag: Ausflug vorbei an Kaffeeplantagen und Wasserfällen in das "Musterdorf" Jaji. Fahrt zum Observatorium Llano El Hato.
Vierzehnter Tag: Rundfunkinterview im örtlichen Sender Meridas über unsere Sonnenfinsternisreise. Fahrt durch wüstenartige Gebiete an der Anden-Nordflanke in die Ebene, entlang der Ostseite des Maracaibo-Sees nach Maracaibo.
Fünfzehnter Tag: Ausflug zur Laguna De Sinamaica, traditioneller Wohnraum der Guajiro-Indios, und Besichtigung ihrer typischen Pfahlbauten, genannt Palafitos. Überlandfahrt nach Coro, der am besten erhaltenen Kolonialstadt Venezuelas.
Sechzehnter Tag: Coro, Rundgang im kolonialen Zentrum und Besichtigung der Kathedrale sowie der bedeutendsten historischen Häuser. Zum Nationalpark Medanos, dessen Attraktion die bis zu 25 m hohen Sanddünen sind.
Siebzehnter bis zwanzigster Tag: Flug nach Aruba und Inselaufenthaltstage.
Zwanzigster Tag, 26.2.1998: Totale Sonnenfinsternis.
Einundzwanzigster Tag: Rückflug von Aruba nach Caracas. Anschluss zum Transatlantikflug nach Frankfurt.
Zweiundzwanzigster Tag: Ankunft in Frankfurt.