Eigentlich muss man ja stolz sein auf die Menschheit. Wenn man bedenkt, wie die Menschen sich entwickelt haben allein in den letzten 100 Jahren.
Meine Oma ist mir immer ein gutes Beispiel dafür. Sie ist jetzt 98 Jahre alt, also knapp 100 Jahre auf dieser Welt.
Als sie geboren wurde, war noch nix mit Strom für alle, Auto, Telefon oder andere technische Kommunikation.
Man lebte lokal in seiner natürlichen Umgebung. Und heute haben wir eine vollkommen globale Welt und sind umgeben von Technik, was für eine Entwicklung.
Na gut um richtig stolz zu sein, müsste sich diese Menschheit vielleicht noch etwas mehr gesellschaftlich und moralisch (Kriege und Hunger und Verteilung…) entwickeln.
Aber ich bin ja nun kein großer Weltverbesserer, aber eher begeistert von Technik und neugierig darauf, wie wir uns weiterentwickeln.
Deswegen werde ich von LOFAR erzählen, einer Technik, welche zeigt, dass der Mensch an sich sehr innovativ ist.
Immer wieder ist er in der Lage neue Wege zu denken, er ist lernfähig.
LOFAR heißt nicht: „Lachen ohne Falten am Rand“, sondern steht für eine neue Technik, Radiowellen kosmischen Ursprungs zu empfangen.
Und das nicht mit immer größer werdenden Radiospiegeln (bekanntlich gibt es da Grenzen), sondern mit einer vollkommen anders gedachten Technologie.
Um es mit den Worten von E.Schmidt (aus seinem Reiseprospekt) zu sagen:
“Astronomische Bildung erfährt man heute nicht mehr durch einfaches Hochschauen an den Himmel, es sind hochmoderne Verfahren, welche die neuesten Erkenntnisse der Physik nutzen. ….
Wir haben es mit einem digitalen Radioteleskop zu tun.“
Und Reisen ist so wunderbar.
Mit meinem mittlerweile Lieblings-Astronomie-Reiseanbieter Eckehard Schmidt aus Nürnberg ging es wieder mit einer kleineren Gruppe,
welche in seinen VW-Bus passte, auf eine ca. 1000 km-Tour durch die Niederlande.
Es ist das Land berühmter Namen, wie Rembrandt - van Gogh - Vermeer oder Heintje - Andre Rieu - Rudi Carrell - Vader Abraham oder Bernoulli - Zeeman - Huygens bis hin zu Mata Hari.
Start dieser Rundfahrt war in Essen.
Auf den ersten 200 km bis nach Westerbork, erfuhr man viel über die Weltstadt Bochum (erste pferdbetriebene Eisenbahn der Welt- in Nürnberg war es die erste Dampfeisenbahn).
Auch über die Bergbauaktivitäten bis ins Münsterland konnte uns Peter Obermann gut informieren.
Ansonsten war es eine beschauliche Reise in frühlingshafter Landschaft mit schaurigem Empfang (es schauerte kräftig) in Elp im Hotel „Kuckuckshof“.
Damit reichte es nach langer Fahrzeit (Zug und Auto) natürlich noch nicht für den ersten Tag.
Man wollte ja so viel wie möglichst an Eindrücken mitnehmen, wie man konnte.
Das bedeutete,dass wir uns das WRST (14 Radiospiegel als Interferometeranlage) erwanderten.
Es handelt sich hier um 25m-Spiegel, welche über eine Länge von 2,7 km verteilt in einer Geraden stehen.
Und auch wenn die Anlage in einem Frequenzbereich von mehreren Megahertz arbeitet,
konnten wir am Fuße der Antennen ein Signal hören (naja nicht mehr alle, da das Signal bei ca. 15 kHz lag)
und wohl von den Synchronmotoren der Anlage stammten, also natürlich nicht aus dem Weltall.
Sehr reizvoll war auch der Licht-Regenbogen in dieser Radio-Anlage.
Nachdenkenswert war die Gedenkstätte des KZ-Sammellagers welches sich ebenfalls hier in Westerbork befand.
Überall auf unserer Reise begegneten uns die geschichtlichen Überreste des 2.Weltkrieges.
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Westerbork war insgesamt eine beeindruckende Unternehmung, bei der die Zeit im Flug verging.
Nach 6 km Fußmarsch und 2 ½ Stunden waren wir zum Abendmahl und Erfahrungsaustausch wieder im Hotel.
Unser zweiter Tag war von Anfang bis zum Ende der Astronomie um LOFAR gewidmet.
Es begann mit dem Besuch der Firma ASTRON, welche sich auf die Entwicklung der Antennen von radioastronomischen Anlagen wie z.B. WRST und LOFAR spezialisiert hat.
Außerdem ist sie ins VLBI mit eingebunden.
Zuerst bekamen wir einen Vortrag zu LOFAR, um danach durch die Labore der Firma geführt zu werden.
Hochbeeindruckend in diese technische Seite der Astronomie genauer hineinzuschauen,
diese meist im Schatten großer Ergebnisse stehenden fantastischen ingenieurstechnischen Leistungen mal direkt vor dem Auge zu haben
und zu wissen das eines dieser Teile mal in einem berühmten Teleskop drin stecken wird.
Noch auf dem Gelände der Firma besichtigten wir einen weiteren 25m-Spiegel, den wohl ersten großen und damit historischen Radiospiegel, benannt nach dem Astronomen Reber.
Auf unserer weiteren Reise machten wir einen Zwischenstopp in Dwingeloo.
Das dortige Planetarium war wegen Bauarbeiten geschlossen, aber den 7,5m-Würzburg-Riesen konnten wir uns anschauen.
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Dann ging es endlich ins Herz von LOFAR, nach Exloo, wir standen mittendrin- im Sumpf.
Eine ganze Stunde tummelten wir uns in diesem mitten in einem natürlichen, landschaftlichen und wasserreichen Gebiet befindlichem Hightech-Gerät, was man ihm nicht ansieht.
Vor allem wenn man nicht weiß, dass viele solcher Antennenfelder über ganz Europa verteilt sind.
Also ein riesiges digitales Radioteleskop.
LOFAR ist damit auch nur ein Vorgänger des schon jetzt geplanten gigantischeren SKA (Square Kilometre Array), welches 2024 fertiggestellt werden soll.
All die gesammelten Daten dieser Einzelstationen laufen dann in Groningen zusammen. Na dann nichts wie hin.
Eigentlich war der Besuch des (im Jahre 2005 immerhin 4.schnellsten Rechners der Welt) Blue-Gene P nicht geplant, auch im Institut so kurz vor dem Wochenende war man überrascht.
Dennoch wurden wir an den Rechner geführt und erfuhren einiges zur Datenverarbeitung hier im Hause Zernikeborg.
Die Stadt Groningen hat wie deutsche Großstädte auch nicht gerade einen besonderen Charme, Ausnahme war das Universitätsviertel mit einer architektonisch interessanten Vielfalt.
Wir nutzten noch die Möglichkeit im nahen astronomischen Institut uns neuestes über Herschel und ALMA berichten zu lassen.
Es ging auf den Abend zu und wir richteten unseren Weg ins noch 100 km entfernt liegende Grachtenstädtchen Harlingen, fast an der Holländischen Küste gelegen.
Ein stimmungsvoller Tag geht zu Ende mit einem gemütlichen Grachtenspaziergang und einem harmonischen Glockenspiel (gegen 21.30 Uhr) überall im Städtchen hörbar.
Es gibt Gegenden in Europa da bricht spontan der Sommer aus, z.B. In Berlin nahe 30°C.
Wir hatten heute hier an der „Usselsee“ (eigentlich IJsselsee) stürmische, nasse und lumpige 10°C.
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In unserem altehrwürdigen Hotel in Harlingen gab es ein Frühstücksbuffet aus dem Bücherregal.
Von hier verabschiedeten wir uns nach Franeker. Was will man dort?
Es ist zum einen der Geburtsort von Jan Hendrik Oort (Oortsche Wolke)
und zum anderen gibt es hier das weltweit einzige funktionierende Zimmerplanetarium, das von Eise Eisinga aus dem Jahre 1780.
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Eigentlich hat er handwerklich die Wollfärberei gelernt, aber als Autodidakt sich astronomische Kenntnisse angeeignet
und so dieses einzigartige Instrument auf rein mechanischer Basis hinterlassen, welches bis heute präzise läuft, Hochachtung!
Weiter ging es über den 32 km Deich bei besagter „Usselsee“ in Richtung Amsterdam,
vorbei an den berühmten Tulpenfeldern in allen möglichen Farben bis nach Den Haag, wo wir in Scheveningen Quartier bezogen.
Ich hatte übrigens immer gedacht, dass sich bei schlechtem Wetter das Fotografieren in Grenzen hält (kalt und keine guten Motive), aber falsch gedacht – schöne digitale Welt.
Der vierte Tag und es wird allmählich wärmer. In Leiden besuchen wir zuerst den Botanischen Garten, auch weil er die Sternwarte von Leiden beherbergt.
Diese ist aber leider auch wegen Bauarbeiten nicht richtig besuchbar (was die Instrumente betrifft).
Also besuchten wir das wissenschaftliche Museum Boerhaave.
Der Eindruck den es hinterließ, lässt sich wohl so fassen: ein wenig durcheinander, eine starke Ausrichtung auf Anatomie,
vereinzelt interessante Einzelobjekte der Astronomie und physikalischer Messtechnik.
Dann bummelten wir noch durch Leiden, viele Menschen und geöffnete Läden, es war Sonntag.
Am Nachmittag waren wir dann schon wieder woanders, nämlich in Nordwijk.
Geplant war nur das Space-Museum, da uns die ESTEC (europ. Prüfstand für Raumfahrttechnik) keinen Besichtigungstermin zugesagt hatte.
Aber Glück muss man haben.
Es gab vom Museum eine Space-Tour über das ESTEC-Gelände mit Führung in drei spezielle Bereiche der Prüfabteilungen für Satelliten (den Shaker, die größte Vakuumkammer und die Einzelsegmentprüfung).
Mehr wollten wir doch gar nicht und nun wissen wir das Bepi Colombo auf dem richtigen Weg ist.
So zufrieden beendeten wir den wissenschaftlichen Teil des Tages und ließen den Tag im Scheveninger Hafen bei einem Supersonnenuntergang ausklingen.
Der 30. April, auch Koninginnedag (die Aussprache ist hier wohl auch wichtig).
Ein traditioneller Feiertag in den Niederlanden, so wird es hier auch warm (immerhin 20°C) und der 1. Mai für morgen ist dann ein gewöhnlicher Tag.
Wir begeben uns also in die Altstadt von Den Haag zu einer Stadtbesichtigung, um zu sehen wie sich eine leere Stadt zu einem Volksfest mausert.
Nebenbei lassen wir das Escher-Museum (im ehemaligen Winterpalais der Königinnen) auf uns wirken.
Dieser Perspektiven-Künstler ist weltweit ziemlich bekannt. Dann mischen wir uns unter das Volk und erleben in eigentlicher Gemütlichkeit den Trubel mit Kaffee und Eis.
Irgendwann später führt uns unser Weg noch zum „Omniversum“ (ein IMax-Kino).
Der Film über das Hubble-Teleskop im Fulldome-Format ist sehenswert.
Und das war es dann eigentlich auch schon. Den abschließenden Tag nutzten wir für die Heimreise nach Essen und für mich weiter via Eisenbahn nach Berlin.
Das man natürlich die Heimreise noch für zwei am Wege liegende Orte nutzt ist ja klar.
Da wäre als erstes das TNO, ein physikalisch-elektronisches Laboratorium,
bei welchem auch das Museum Waalsdorp, ein Museum für Radiokommunikation und allgemein der Entwicklung der Elektronik angesiedelt ist.
Schön wenn man dort erfährt was man für altehrwürdige Messgeräte auf Arbeit herumstehen hat.
Der letzte Halt war dann in Utrecht in der Sterrewacht Sonnenborgh, historische Geschichte von Stadtbefestigungen und Entwicklung der Astronomie in vergangenen Jahrhunderten.
Ein doppelsinnig kurzweiliger Aufenthalt und ab jetzt ein wenig Traurigkeit, dass diese Reise nun zu Ende ist.
Astronomia sei Dank gibt es im Juni ja den Venustransit, auf nach Norwegen.