Stefan Wotzlaw
Lessingstrasse 2
06844 Dessau
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Russische Raumfahrt-30 (September 2004)
Im September 2004 gab es zwei russische Weltraummissionen, die im Abstand von nur einem Tag beide in Plessezk starteten.
Verschoben werden musste dagegen der Start einer Proton-M in Baikonur wegen technischer Probleme.
Die wichtigste Raumfahrtnachricht der letzten Tage kam allerdings nicht aus Russland, sondern aus Amerika. SpaceShipOne hat zweifellos
Raumfahrtgeschichte geschrieben. Man kann Rutan, Allen und den mutigen Piloten des Raumgleiters nur gratulieren. Ob nun
tatsächlich 2007 die kommerzielle Nutzung dieses Konzeptes beginnt, bleibt abzuwarten. Dennoch, mehr als 20 Jahre nach
den ersten Entwürfen der "Volksrocket" von Ingenieur Truax ist es einer Privatfirma aus eigener Kraft gelungen, bemannte
Suborbitalflüge durchzuführen. Sollte der eine oder andere Mitbewerber des X-Prizes am Ball bleiben und sein Konzept
ebenfalls erfolgreich vorführen zu können, könnte möglicherweise eine völlig neue Entwicklung der Raumfahrt, weg
von staatlichen Organisationen, hin zu Privatfirmen, beginnen. Das Tor ist zumindestens aufgestoßen.
Auch technisch ist SpaceShipOne hochinteressant. Hybrid-Antrieb, Zelle aus Verbundwerkstoffen, Hochdecker, klappbare Flügel,
Bremsen in großer Höhe, steiler Parabelflug mit relativ geringen Geschwindigkeiten, manuelle Steuerung, Druckkabine ohne
Raumanzüge, dennoch große und viele Fenster - die Liste der Innovationen ist lang. Und irgendwo hat SpaceShipOne gezeigt,
dass geflügelte Raumfahrzeuge doch einen Platz neben Raumkapseln haben. Natürlich, bis zum Orbitalflug ist es noch
ein weiter Weg und ein erneuter technologischer Sprung erforderlich, aber die erzielten Leistungen sind äußerst respektabel.
Kosmos 2408 und 2409 gestartet
Am 23.September 2004 startete um 19.07 Uhr Ortszeit von der Rampe 1 auf Platz 132 des
nordrussischen Raketenversuchsgeländes Plessezk eine Trägerrakete des Typs Kosmos-3M. Sie beförderte die beiden
Militärsatelliten Kosmos 2408 und 2409 nach knapp einer Stunde Flug in eine Erdumlaufbahn. Nach Angaben der russischen
Streitkräfte verlief die Mission erfolgreich.
Offizielle Angaben zum Zweck der beiden Satelliten wurden nicht gemacht. Beobachter bezeichnen sie als
Kommunikationssatelliten des Typs Strela-3M. Die Satelliten wurden bei der Produktionsvereinigung für Angewandte Mechanik
"Michail Reschetnew" in Shelesnogorsk, Sibirien, entwickelt und bei Poljot in Omsk in Serie gefertigt.
Früher wurden je sechs Strela-3M mit einer Zyklon-3 gestartet. Nach der Einstellung des Einsatzes der Zyklon-3 für die russischen
Streitkräfte wurde auf die vorhandenen Bestände der Kosmos-3M ausgewichen, die allerdings nur je zwei Satelliten
transportieren kann.
Der Start war ursprünglich für den 21.9.2004 vorgesehen und musste zweimal um je einen Tag
verschoben werden. Bei der ersten Verschiebung wurden technische Probleme gemeldet, beim zweiten Mal war der Wind
über Plessezk zu stark für einen Start.
Es war erst der zweite Einsatz einer Kosmos-3M und der dritte Start von Plessezk in diesem Jahr.
Die Serienproduktion der Kosmos-3M begann 1968 bei Poljot. Sie wurde 1994 eingestellt. Mehr als 760 Raketen wurden von Poljot gebaut.
Rund 20 Exemplare stehen noch zur Verfügung. 3 Raketen für kommerzielle Missionen 1999-2003 baute Poljot aus vorhandenen
Baugruppen zusammen. In letzter Zeit mehren sich die Anzeichen, dass die Produktion der Kosmos-3M wieder
aufgenommen wird. Die Fertigungseinrichtungen sind noch vorhanden und können bei entsprechender Finanzierung reaktiviert werden.
Kosmos 2410 gestartet
Am 24.September 2004 startete um 20.50 Uhr Ortszeit der von der Rampe PU-2 auf Platz 16 in
Plessezk eine Trägerrakete des Typs Sojus-U mit dem Militärsatelliten Kosmos 2410 an Bord. Nach zehn Minuten
erreichte der Satellit eine erdnahe Umlaufbahn.
Der Start dieses Satelliten war bereits für August 2004 erwartet worden. Es wird vermutet, dass Kosmos 2410 ein optischer
Aufklärungssatellit ist. Einige russische Agenturen haben erklärt, dass Kosmos 2410 das erste Exemplar einer neuen
Generation ist.
Buran-Analog OK-GLI nach Sinsheim verkauft
Das eigenflugfähige Analog der Raumfähre Buran, OK-GLI, BTS-002, Rumpf Nr.0.02,
Seriennummer USSR-3501002, wurde jetzt von der Herstellerfirma Molnija an das Technikmuseum Sinsheim verkauft. Das gaben
sowohl die Internetseite des SPIEGEL als auch die Firma Molnija bekannt.
Ein deutsches Fernsehteam hatte die Raumfähre OK-GLI im Hafen des Golfemirates Bahrein entdeckt.
Dort lag die teilzerlegte Fähre mit abmontierten Flügeln und weitgehend ausgeschlachteten Innenräumen seit 2002 unter
offenem Himmel. 2000 hatte sie Molnija nach Australien vermietet, wo sie als Attraktion im Hafen von Sydney
ausgestellt wurde. Die Ausstellung hatte aber nie die kommerziellen Erwartungen der Betreiber erfüllt. Zum
Rücktransport der Fähre nach Russland fehlte das Geld.
Sinsheim soll sowohl den Rumpf 0.02 als auch ein weiteres, nicht fertiggestelltes Exemplar gekauft haben, dass
noch im Werk Tuschino bei Moskau gelagert wird. Dieses Exemplar soll möglicherweise im Schwestermuseum Speyer
ausgestellt werden. Ende diesen Jahres ist der Schifftransport von Bahrein nach Deutschland geplant.
Die Fähre OK-GLI verfügte über 4 Düsentriebwerke und konnte aus eigener Kraft fliegen. Sie diente der Erprobung des automatischen
Flugführungssystemes "Wympel". OK-GLI absolvierte 24 Flüge, wobei 19 vollautomatische Landeanflüge stattfanden. Das Gerät
war insgesamt acht Stunden in der Luft.
Nach dem Abbruch des Buran-Programmes 1993 verblieb OK-GLI auf dem Testgelände Shukowski bei Moskau und wurde während der ersten
MAKS-Messen der Öffentlichkeit gezeigt. Da Molnija keine Verwendung mehr hatte, wurde die Fähre zur Vermietung oder zum
Verkauf freigegeben.
Neue russische U-Boot-Rakete
Am 23.September 2004 testete die russische Marine erstmals die neue U-Boot-Rakete Bulawa. Der
Abschuss der Rakete erfolgte aus dem getauchten Atom-U-Boot "Dimitri Donski" im Weißen Meer. Nach Angaben des russischen
Verteidigungsministers verlief der Test einer Raketenattrappe erfolgreich. Die Bulawa ist eine Feststoffrakete und wurde auf
Basis der landgestützten Interkontinentalrakete Topol-M von den Firmen MIT und Makejew gemeinsam entwickelt. Sie soll die
in die Jahre gekommene R-39UTTCh ablösen.
Die Raketenattrappe wurde aus dem Silo erfolgreich ausgeworfen und erreichte stabil die Wasseroberfläche. Dieser Test war ein
bedeutender Schritt beim Übergang zu echten Raketenabschüssen. Der Auswurf aus einem Silo unter Wasser ist Neuland für die
Moskauer Firma MIT und einer der heikelsten Abschnitte eines U-Boot-Raketenstarts.
Mit je 12 Bulawa-Raketen sollen die
neusten russischen Atom-U-Boote des Typs Borei (Typ 955) bewaffnet werden. Drei Borei-Boote sind geplant. Das
Typschiff, die "Juri Dolgorukij" ist seit 1996 im Bau. Sie soll 2005 fertiggestellt werden. Das zweite Schiff, die
"Alexander Newskij" wurde im März 2004 auf Kiel gelegt.
Die "Dimitri Donski", auf der die Bulawa jetzt erprobt wird, ist das Typschiff der Serie 941, besser bekannt
als Taifun. 6 Taifun-Boote wurde bei Sewmasch in Sewerodwinsk gebaut. Das Schiff wurde im Konstruktionsbüro Rubin entworfen.
Es ist das größte U-Boot der Welt (Länge: 175 m, Durchmesser: 22,8 m) und mit 20 Raketen des Typs R-39 bewaffnet. Die
"Dimitri Donski" wurde 1982 gebaut und insgesamt zehn Jahre umgebaut, um die neusten russischen U-Boot-Raketen zu
erproben. Erst 2002 wurde das modernisierte Boot, jetzt als Typ 941UM bezeichnet, in Dienst gestellt.
Die russische
Kriegsmarine benötigt die neuen Boote und Raketen, weil die Nutzungsfristen der Taifun-Boote und der R-39-Raketen ablaufen.
Parallel zur Feststoffrakete Bulawa kommt die Flüssigkeitsrakete Sinjewa zum Einsatz, die bereits seit
einigen Jahren in Dienst steht und in diesem Jahr bereits mehrfach getestet wurde.
Din Sinjewa wurde bei Makejew in
Perm entwickelt und wird im Krasmaschsawod in Serie gebaut.
Quelle: email Zeger Nuyens, FPSpace, 29.9.2004
Zusammenarbeit Südkorea-Russland
Russland und Südkorea wollen künftig in der Raumfahrt enger zusammenarbeiten. Das ist das
Ergebnis einer Visite des südkoreanischen Präsidenten und seines Forschungsministers in Moskau.
Das
Regierungsabkommen sieht vor, 2007 einen südkoreanischen Kosmonauten in einem Sojus-Raumschiff mitfliegen zu lassen.
Südkorea bezahlt für diese Mission 13 Millionen Dollar an Roskosmos. Das Training der Koreaner beginnt im nächsten
Jahr.
Besonders bemerkenswert ist, dass der Moskauer Raketenhersteller Chrunitschew die erste Stufe einer leichten
südkoreanischen Trägerrakete liefern soll. Daneben wird erwogen, dass russische Firmen am Bau eines südkoreanischen
Raketenstartplatzes beteiligt werden.
Details zu der südkoreanisch-russischen Rakete fehlen bislang. Chrunitschew
baut neben den Raketen Proton und Rockot auch die dritte Stufe der indischen Trägerrakete GSLV.
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