Stefan Wotzlaw
Lessingstrasse 2
06844 Dessau
Russische Raumfahrt 2002
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Russische Raumfahrt-6 (September 2002)

Trägerrakete des Typs „Sojus-U“ kurz nach dem Abheben in Plessezk abgestürzt und am Boden explodiert

Eine Tragödie mit möglicherweise schwerwiegenden Folgen für das ISS-Programm hat die russische Raumfahrt ereilt:

Am Dienstag, den 15.Oktober 2002, ist eine Trägerrakete des Typs „Sojus-U“ kurz nach dem Abheben in Plessezk abgestürzt und am Boden explodiert. Dabei kam ein Soldat ums Leben und acht weitere wurden verletzt.

Zwei Untersuchungskommissionen unter Führung von General Perminow (Kommandeur der Weltraumstreitkräfte) und Georgi Poleschtschuk (Abteilungsleiter bei Rosaviakosmos) wurden gebildet.

Nach den bisher vorliegenden Informationen ergibt sich folgendes Bild:
Die Rakete startete um 22.20 Uhr Moskauer Zeit planmäßig von der Rampe PU-3 (Platz 43) des Ersten Staatlichen Versuchsgeländes "Plessezk". Bereits 20 Sekunden nach dem Abheben wurde ein Anormalität im Abgasstrahl der Rakete
bemerkt. Vermutlich kam es zu einem Fehler im Antriebssystem der ersten Stufe (Block-A). Daraufhin gab das Kontrollsystem der Rakete das Kommando AWD (Havarieabschaltung der Triebwerke) und die nahezu vollbetankte Rakete stürzte
29 Sekunden nach dem Start nur einen Kilometer von Rampe PU-3 entfernt in einem Waldgebiet ab. Sie explodierte am Boden und löste dabei einen Waldbrand aus.

Mehrere Anlagen und Einrichtungen auf Platz 43 wurden beschädigt. Der Soldat Iwan Martschenko wurden getötet, acht weitere Personen verletzt. Von diesen acht
Militärangehörigen mussten sechs ins Krankenhaus eingeliefert werden. Die Soldaten hielten sich auf Platz 43 auf, wobei unklar ist, ob sie sich im Freien oder in Gebäuden befanden.
An dem Start nahmen auch Vertreter der ESA teil. Sie blieben alle unverletzt und kehrten aus Plessezk nach Moskau zurück.

An Bord der "Sojus-U" befand sich der internationale Forschungssatellit "Foton-13" (Foton-M Nr.1). Zu den 650 kg an Bord befindlicher Nutzlast steuerte die ESA 390 kg mit 44 Experimenten bei. Die Startmasse des Satelliten betrug
6425 kg.

Foton-13 ist das erste Exemplar einer verbesserten Serie mit dem Namen Foton-M. Er verfügt über größere Energiereserven, verbesserte Wärmeregulation und ein besseres Telemetrie- und Kommandosystem. Er sollte in eine kreisförmigere Bahn
als seine Vorgänger gebracht werden, um in Kombination mit einer besseren Masseverteilung an Bord eine weitere Verringerung der Mikrogravitation zu erreichen. Foton-13 wurde wie seine Trägerrakete im Samara Space Center gebaut.
Bei der Explosion der Trägerrakete wurde auch Foton-13 vollständig zerstört. Ein Rettungssystem wie bei bemannten Missionen war nicht an Bord.

Es gehört zu den Eigenarten russischer Trägerraketen, das sie bei Fehlstarts nicht im Flug gesprengt werden, sondern lediglich die Triebwerke abgeschaltet werden und die Rakete dann abstürzt und meistens erst beim Aufschlag explodiert.
Russische Trägerraketen tragen im Gegensatz zu westlichen Systemen kein Selbstzerstörungssystem. Bei einem Fehlstart kurz nach dem Abheben wie in diesem Fall ist eine solche Sprengung allerdings auch relativ nutzlos, da die
Schäden durch herabfallende Trümmer ähnlich groß sind wie die durch eine am Boden explodierende Rakete. Es bleibt die Frage, wieso Personen unter der Flugbahn der Rakete standen. Beobachtungspunkte liegen üblicherweise abseits der
Flugbahn einer Rakete. Möglicherweise liegt hier eine Verletzung von Sicherheitsbestimmungen vor.

Der Absturz vom 15.Oktober 2002 ist der erste Fehlstart einer Sojus seit 1996. 1672 Semjorkas wurden seit 1957 gestartet. Für die Sojus war es der 426. Start.
von Plessezk. Laut offiziellen Angaben der Weltraumstreitkräfte misslangen von diesen 426 Starts nur 16.

Für den 28.10.2002 ist bekanntlich der nächste Sojus-Start angesetzt: eine Sojus-FG mit dem bemannten Raumschiff Sojus TMA-1. Es ist in dieer Situation völlig offen, ob der Start stattfinden kann. Sollte es tatsächlich Probleme mit
dem Triebwerk von Block-A geben, ist eine Verschiebung wahrscheinlich.

Allerdings MUSS Sojus TMA-1 sehr bald gestartet werden, oder die ISS muss evakuiert werden, da das angekoppelte Sojus-Raumschiff sich dem Ende seiner garantierten Funktionsdauer nähert.



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Russische Raumfahrt-2 (Mai 2002)

Baikonur Hallendacheinsturz am Platz 112

1. Die „Buran“ und auch die „Energija´s“ wurden durch herabgestürzte Deckenteile zerstört.

2. Die offizielle Untersuchungskommission unter Leitung von Minister Klebanow stellte fest, dass das Dach der Montagehalle auf Platz 112 aus folgenden Gründen eingestürzt ist:

Einsatz eines Materials namens "Keramzit" anstelle von Glas/Baumwoll-Wolle. Durch starke Regenfälle saugte sich das "Keramzit" stark mit Wasser voll, wodurch das Gewicht des Daches anstieg und die Belastung der tragenden Pfeiler den Grenzwert erreichte.
10 Tonnen Material für Dachreparaturen wurden an einer Stelle gelagert, wodurch die Belastung an dieser Stelle überschritten wurde.
Der Einsturz an einer Stelle löste einen Dominoffekt aus
Außerdem wird untersucht, welchen Einfluss ein leichtes Erdbeben in Kirgisien zu dieser Zeit gehabt haben könnte.
Anmerkung: Im Gebiet des Kosmodroms Baikonur treten regelmäßig leichte Erdbeben der Stärke 1-2 auf.

3. Zur Zukunft: "Es wurde entschieden, die Halle auf Platz 112 wieder aufzubauen. Die Arbeiten haben bereits begonnen und sollen bis Oktober 2002 abgeschlossen werden. Starsem drängt auf eine schnelle Reparatur, um seine Reinsträume wieder Nutzen zu können. Bis dahin wird kein Kunde die Dienstleistungen von Starsem in Anspruch nehmen. Der Start eines Progress-Schiffes im Juli wird verschoben, weil die bisher genutzten Arbeitsplätze für die Sojus-Rakete in der Montagehalle auf Platz 2B bereits teilweise demontiert wurden und alle Arbeiten zum Umzug auf Platz 112 im Gangen waren (Anmerkung: Platz 31 verfügt ebenfalls über einen - intakten - Arbeitsplatz für Sojus-Raketen). Nun muss allerschnellstens der Sojus-Raketen-Arbeitsplatz auf Platz 112 fertiggestellt werden."

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