1.Platz:
von Meinrad Emser
Der von einer Stelle an der Oberfläche eines Objekts ausgehende Lichtfluss ist das Produkt aus der Beleuchtungsstärke und der Reflexionseigenschaft.
Die Helligkeit, den ein Lichtrezeptor von einer bestimmten Stelle an der Oberfläche eines Objekts misst,
hängt entscheidend davon ab, wie stark diese Stelle beleuchtet wird. Liegt sie direkt in der Sonne, wird sie mehr Licht erhalten und reflektieren.
Andererseits hängt der Lichtfluss, den eine Oberfläche zurückwirft auch von den Reflexionseigenschaften der Oberfläche ab.
Unsere Augen, Ohren und Nase liefern nicht eindeutige und ausreichende Informationen über unsere Umwelt an unser Gehirn.
Der Lichtrezeptor im Auge ist nur im Stande den Lichtfluss zu messen, d. h. das Produkt aus den Einzelwerten und nicht die Einzelwerte selbst.
Damit können die Beleuchtungsstärke und die Reflexionseigenschaften nicht bestimmt werden. Deshalb muss unser Gehirn Annahmen machen.
Offensichtlich sind viele Annahmen, die unser Gehirn bei der Interpretation zu Hilfe nimmt im Lauf der Evolution entstanden, das heißt Erfahrungswerte.
Unser Gehirn besitzt schon ein Weltmodell, das die Grundlage der Interpretation der Messwerte ist.
Hier stellt sich die Frage, was ist am Weltmodell ererbt (Evolution/Gene) und was erlernt (Sozialisation)?
Nehmen wir an, dass die Lichtrezeptoren, die auf die obere Fläche blicken,
tatsächlich den gleichen Grauwert messen wie diejenigen, die auf die untere Fläche blicken.
Weil die obere Fläche in der Sonne liegt und die untere Fläche im Schatten nimmt unser Gehirn an, dass die obere Fläche von Hause aus dunkler ist.
Unsere Erfahrung sagt, dass wenn von beiden Flächen gleich viel Licht zurückgeworfen wird die Fläche, die in der Sonne liegt dunkler sein muss.
Unser Gehirn setzt also die gemessen Daten nicht einfach um sondern interpretiert sie mit unseren Erfahrungen und bildet damit eine Information.
Unsere Wahrnehmung bezieht sich auf die Eigenschaften der Objekte und nicht auf die tatsächlich gemessenen Grauwerte.
Unser Gehirn ist nicht an den exakten Daten interessiert sondern will uns etwas über die Eigenschaften der uns umgebenden Objekte sagen.
Von einer Kamera unterscheiden uns nicht die Augen sondern unser Gehirn.
Die Kamera setzt die Rohdaten direkt (Anmerkung unten) in Bilder um,
unser Gehirn interpretiert die Rohdaten und verknüpft sie mit unseren Erfahrungen und erzeugt dann erst ein Bild.
Für das Überleben auf der Erde hat sich diese Vorgehensweise als richtig erwiesen sonst wären wir schon ausgestorben.
Ob Kameras wie unser Gehirn die Messwerte interpretieren sollten hängt vom Anwendungsfall ab.
Will man objektive Messwerte haben oder Bilder wie unser Gehirn sie erzeugt.
Anmerkung zur Kamera: Dass die Kamera Rohdaten direkt in Bilder umsetzt ist technisch nicht richtig.
Vielmehr werden die Messwerte in der Regel durch einen Infrarot-, Tiefpass- und einen Farbfilter geschickt.
Anschließend wird das Signal von einem A/D-Wandler digitalisiert und quantisiert.
Danach werden Abbildungsfehler, z. B. defekte Pixel, Nachschärfen, Randlichtabfall, Verzeichnung sowie Chromatische Aberration soweit möglich korrigiert
und zur Verkleinerung des Datenvolumens die Bilddaten komprimiert.
Dabei geht es aber darum Aufnahmefehler zu korrigieren, nicht um eine Interpretation der Messwerte.
Deswegen halte ich meine Aussage im Kontext der gestellten Frage für richtig, dass die Kamera Rohdaten in Bilder umsetzt.