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Kugel mit Loch verwandelt Globus in eine Weltzeituhr

VON HOLGER ZIMMER, 03.03.2010, 19:54h, aktualisiert 03.03.2010, 21:28h

Mario Kerstan (r.) und Steinmetz Sven Prudlik
Mario Kerstan (r.) und Steinmetz Sven Prudlik vor dem Abtransport der Teile.
Der Metallbauer Kerstan hält das «Uhrwerk» in Händen. (Foto: Peter Lisker)

Tagewerben/MZ. Ein Globus aus Granit stand bislang auf dem Hof des Tagewerbener Metallbaubetriebes und war das schlechte Gewissen von Mario Kerstan. Immer, wenn er vom Haus in die Werkstatt oder zurück ging, erinnerte ihn der 1,2-Tonnen-Koloss daran, was er noch zu tun hatte. Verfolgt ihn die Arbeit als Selbstständiger ohnehin bis in die Nacht, so kam nun noch jene Sonnenuhr hinzu, für die er mit den Zeigerstäben faktisch das "Uhrwerk" zu liefern hatte.

Die Bekanntschaft mit dem Kleinjenaer Steinmetz Richard Kieselbach hatte ihm vor Jahren schon mal einen solchen Auftrag beschert, eine Sonnenuhr, die jetzt in einem Park bei Hamburg steht. Doch das neueste Naturchronometer ist Kunstwerk und Unikat zugleich. Demnächst wird es mitsamt Planeten-Rolle und Mond-Modell bei der Ausstellung "Von Zeit zu Zeit - allgegenwärtig und unbegreifbar" an der Arche Nebra zu sehen sein.

Umspannt wird der Globus von beweglichen Edelstahlringen: Da ist einerseits der Äquator und andererseits sind es kreisrunde Zeigerstäbe. Das Problem für den 37-Jährigen war, das Sonnenlicht so auf den Globus zu projizieren, das faktisch überall die wahre Ortszeit abgelesen werden kann. Des Rätsels Lösung lag in einer Kugel, die auf Schienen läuft und die Lichtstrahlen einfängt. Kerstan spricht von einer Computerplanung und Edelstahl, den er mit Laser und Wasserstrahl hat bearbeiten lassen. "Alles ist gesteckt, geschraubt und genietet. Es wirkt wie aus einem Guss und nur der Fachmann erkennt, wie alles befestigt ist."

Für Mario Kerstan ist das Ganze etwas ganz Besonderes. Der Instandhaltungsmechaniker hat 2000 mit seinem Vater Lutz die Firma gegründet und vor acht Jahren den Meisterbrief als Metallbauer bekommen. "Eine Treppe war damals mein Meisterstück, diese Sonnenuhr ist meine zweite Meisterarbeit." Ansonsten werden in dem Drei-Mann-Unternehmen Treppen, Zäune und Hoftore hergestellt, vor allem von letzteren sei keines wie das andere. Privatkunden würden das Überleben sichern und Insolvenzen größerer Auftraggeber abfedern helfen. Viele Leute hätten die halbfertige Sonnenuhr auf dem Hof stehen sehen und seien aus dem Staunen nicht herausgekommen, erzählt der Handwerker.

Für Richard Kieselbach ist die Arbeit so etwas wie sein Lebenswerk, das mit dem Ende der Schau an der Arche Nebra den Weg in seinen Heimatort Kleinjena finden soll. Dort will sich der Ruheständler an der handwerklichen Meisterleistung erfreuen und hofft, Kindern beim Spiel mit der Uhr das Zustandekommen der Zeit begreiflicher machen zu können.

Mit dem Senior und Kerstan haben sich zwei gefunden, die der gleiche Enthusiasmus antreibt. Kreativität sei da gefragt gewesen, für die er die Zeit vor allem in den beiden vergangenen Wintern gehabt hätte, äußert Mario Kerstan. Nach der Fertigstellung des schwierigen Projektes sei er erleichtert, vor allem aber überwiege der Stolz.