Messier-Katalog - wie entstand er?

M001M002M003M004 M005 M006 M007 M008 M009M010
M011 M012 M013 M014M015M016 M017 M018M019 M020
M021M022M023M024M025M026 M027 M028M029M030
M031 M032M033M034M035M036M037M038M039M040
M041M042M043M044M045M046M047M048M049M050
M051 M052 M053 M054M055M056 M057 M058M059M060
M061M062M063 M064 M065M066M067M068M069M070
M071M072M073M074M075M076M077M078M079 M080
M081 M082M083M084M085 M086 M087M088M089M090
M091M092M093M094M095M096M097M098M099M100
M101M102M103 M104 M105M106 M107 M108M109 M110

Die weiß hinterlegten Messier-Katalognummern können angeklickt werden. Sie zeigen Fotos von der Sternwartenreise Kalifornien/Arizona/Utah/Nevada (U.S.A.) 2012. Sie entstanden während einer Nachtbeobachtung am Besucherteleskop auf der Kitt Peak Sternwarte (KPNO), bei Tucson, Arizona.


Charles Messier erging es so wie vielen anderen Wissenschaftlern auch. Sein Forschungsinteresse galt einem speziellen Thema, durch das er in seiner Zeit bekannt wurde. Für die Nachwelt erhalten blieb er aber nur durch sein Nebenprodukt. Mit dem Namen Charles Messier verbinden wir heutzutage die Messier-Objekte, die meisten sind Galaxien, Nebel und Sternhaufen, und nicht mehr den Kometenjäger und den Astronomen der Marine.

Der Kometenjäger

Am meisten interessierte sich Charles Messier für die Kometen. Er hoffte durch die Entdeckung berühmt zu werden. In der damaligen Zeit galten Kometen immer noch als etwas besonderes, so dass sich deren Glanz auch auf den Entdecker übertrug. Für die Jahre 1757-1759 stand Charles Messier vor seiner ersten Bewährungsprobe: Würde er den Halleyschen Kometen als erster wiederentdecken?

Edmond Halley (1656-1742) hatte 1701 berechnet, dass der von ihm 1682 in London beobachtete Komet nach 76 Jahren wiederkehren wird. Und nun begannen die Astronomen, ihre Fernrohre klar zu machen, um nach dem Kometen Ausschau zu halten. Gespannte Erwartung herrschte unter den Kometenjägern, von denen jeder der erste sein wollte, ihn zu entdecken.

Charles Messier arbeitete zu jenem Zeitpunkt als Beobachtungsgehilfe unter dem Astronomen Joseph Nicholas Delisle (1688-1768) in Paris. Dieser hatte berechnet gehabt, dass der Halleysche Komet sich nur in einem schmalen Areal am Himmel bewegen und erst ab Januar 1759 zu sehen sein würde. Trotzdem begann Charles Messier bereits 1757 mit der Suche. Tatsächlich entdeckte er den Halleyschen Kometen am 21. Januar 1759. Seine Freude war groß, doch brach diese nach einigen Wochen in sich zusammen, als die Kunde nach Paris drang, dass Johann Georg Palitzsch (1723-1788) bereits am 25. Dezember 1758 den Halleyschen Kometen wiederentdeckt hatte. Charles Messier blieb nur der schwache Trost, dass er in Frankreich den Kometen als erster entdeckt hatte. Charles Messier äußerte sich später in seinen Memoiren, dass dies eine große Enttäuschung gewesen sei. Ursache seines Misserfolges war die falsche Vorhersage von Delisle, dass der Halleysche Komet sich nur in einer kleinen Elongation der Sonne bewegen sollte, tatsächlich war diese viel größer.

1760 hatte Charles Messier endlich Glück. Er wurde zum Erstentdecker eines Kometen. Das Perihel war bereits 1759 gewesen, wie Abbé Lacaille (1713-1762) berechnete. Der Komet konnte zu einem späteren Zeitpunkt mit bloßem Auge gesehen werden, die Schweiflänge betrug 2 ½ °.

Charles Messier entdeckte in seinem Leben insgesamt 16 Kometen. Drei davon sind nicht als Erstentdeckungen, sondern nur als unabhängige Entdeckung zu werten, weil andere Astronomen diese Kometen zuerst fanden.

Vom Gehilfen zum Astronomen

Charles Messier wird am 26. Juni 1730 in Badonviller (Lothringen), Frankreich, geboren. Er ist das zehnte von zwölf Kindern. Seine Eltern sterben, während er noch im Kindesalter ist. Im Alter von 21 Jahren zieht er nach Paris, um Arbeit zu finden. Der Zufall führt ihn zu dem Astronomen Joseph Nicholas Delisle. Dem gefällt die deutliche Handschrift und das zeichnerische Talent, und er stellt Charles Messier als Gehilfen für das Archiv und sonstige Aushilfsarbeiten an der Sternwarte ein.

Joseph Nicholas Delisle war zuvor aus Russland zurückgekommen, wo er über 20 Jahre lang im Auftrag von Zar Peter dem Großen in St. Petersburg die Sternwarte aufgebaut hatte. Joseph Nicholas Delisle Hauptbetätigungsfeld war die Kometenforschung. Ihr ging er auch in Paris nach. Dort stand er in den Diensten der Marine, die im Hotel de Cluny eine Sternwarte unterhielt. Insgesamt entdeckte Delisle 15 Kometen.

Die ersten Tätigkeiten von Charles Messier in den Diensten von Delisle bestanden darin, im Archiv eine große Karte von der Chinesischen Mauer und einem Plan der Pekinger Altstadt abzuzeichnen. Charles Messier interessierte sich für Astronomie seit jungen Jahren, vor allem seit er den Kometen von 1744 und die ringförmige Sonnenfinsternis von 1748 gesehen hatte. Es war die Begeisterung für die Astronomie, die ihn zur Annahme dieser Tätigkeit bei Delisle reizte. Im Laufe der Jahre, vor allem unter der Anleitung von Delisles Sekretär Libour, entwickelte sich Charles Messier von einer Hilfskraft zu einem Assistenten, der selbständig nach Kometen suchte. Zwar waren die Instrumente der Sternwarte nicht die leistungsfähigsten und modernsten, einige davon eigneten sich aber aufgrund des weiten Gesichtsfeldes für Kometenbeobachtungen.

Delisle gab seine Tätigkeit als Astronom im Jahre 1760 auf, und es wurde Charles Messier erlaubt, die Tätigkeit an der Sternwarte fortzusetzen. Er beobachtete den Venustransit von 1761, den Planeten Saturn, aber immer wieder kehrte er zur Kometenbeobachtung zurück.

Charles Messier war der Beobachter, ihm fehlte die theoretische Ausbildung eines Astronomen. So konzentrierte er sich voll auf seine praktischen Fähigkeiten, die so ausgezeichnet waren, dass er allgemeine Anerkennung unter den Astronomen gewann. Beispielsweise erhielt er aus London, Greenwich, von dem Königlichen Astronomen Nevil Maskelyne (1732-1811) die Anfrage, ob er beobachten und sagen könne, ob das ein Komet sei, den William Herschel (1738-1822) 1781 beobachtet hatte. Charles Messier forschte nach und schrieb an William Herschel, dass das Objekt keine typischen Kometeneigenschaften besitzt – Herschel hatte den Planeten Uranus entdeckt.

Charles Messier korrespondierte mit Astronomen und Akademiemitgliedern in Großbritannien, Deutschland und Rußland. 1764 wurde er ausländisches Mitglied der Royal Society in London. 1770 wählte man Charles Messier endlich zum Mitglied der Akademie der Wissenschaft in Paris. Mehrmals hatte er in den Jahren zuvor zur Wahl gestanden, aber immer wieder war ihm, der nur Beobachter war, ein anderer vorgezogen worden. Möglicher Auslöser für seine Aufnahme in die Akademie war die Entdeckung des nach ihm benannten Messierschen Kometen von 1770. Berechnungen von Anders Lexell (1740-1784) und Alexandre-Guy Pingré (1711-1796) ergaben eine elliptische Umlaufbahn von erstaunlichen fünfeinhalb Jahren – die kürzeste Umlaufzeit eines damals bekannten Kometen.

1771 wurde er offiziell zum Astronomen der Marine an der Sternwarte im Hotel Cluny ernannt – 20 Jahre nach seiner Anstellung durch Joseph Nicholas Delisle stand Charles Messier nun auf dem Höhepunkt seiner astronomischen Laufbahn. Und weiterhin jagte er ehrgeizig Kometen, deren mathematische Berechnung er anderen Astronomen überließ, wie zum Beispiel Pierre Méchain (1744-1804), von der Sternwarte Paris, mit dem er eng zusammenarbeitete.

Im Jahre 1798 starb Charles Messiers Frau. Die Ehe war kinderlos geblieben. Nahe Verwandte zogen zu ihm und lebten bei ihm. 1815 konnte er seine Beobachtungen nicht länger fortsetzen. Ein Schlaganfall zwang ihn zum Pausieren. Nur langsam erholte er sich. Er erkrankte an Wassersucht. Im Jahre 1817 starb er am 11. April im Alter von 87 Jahren.

Abfallprodukt M-Katalog

Während seiner Such nach Kometen verwechselt Messier gelegentlich diffuse Himmelsobjekte mit Kometen. Erst nach zeitaufwendigen Beobachtungen kann er feststellen, dass es keine Kometen sind. Da diese Objekte an verschiedenen Stellen des Himmels auftauchen, beginnt er sich Notizen zu machen, um Verwechslungen zu vermeiden.

Seine erste Notiz über ein solches Objekt, das später auch an der ersten Stelle seines Kataloges stehen wird, stammt von 1758, als er dem Halleyschen Kometen nachjagte. 1764 entscheidet sich Charles Messier, die nebligen Himmelsobjekte gezielt zu notieren. Bis 1769 hat er 45 Objekte zusammen. Einige dieser Objekte waren schon vor Charles Messier bekannt und finden sich beispielsweise in den Sternkatalogen und –atlanten von John Flamsteed (1646-1719), Edmond Halley und anderen.

Charles Messier schreibt ein Vorwort zu seiner Liste, gibt die Positionen der Objekte an und beschreibt sie kurz, um eine Identifizierung zu erleichtern. 1771 erscheint diese Liste in den „Memoirs“, der Zeitschrift der Akademie der Wissenschaft in Paris.

Die Zeitschrift „Connaissance des Temps“ enthält für 1784, veröffentlicht 1781, den kompletten Messierschen Katalog von 103 Objekten und einen Nachdruck von Lacailles Nebelkatalog des südlichen Himmels.

Von den veröffentlichten 103 Objekten weisen die heutigen Astronomiehistoriker nur 13 Charles Messier zu, alle anderen sind Wiederentdeckungen von ihm oder Übernahmen aus anderen Katalogen.

Die Bedeutung von Charles Messier und seines Kataloges liegt darin, dass er den Astronomen eine neue Himmelstür öffnet: Es wird erkennbar, dass man mit größeren Fernrohren neue und verschiedenartige Objekte beobachten kann, die weit außerhalb der bis dahin bekannten Erscheinungen liegen. Zum Nachfolger von Charles Messier, im Sinne der Katalogisierung von Nebeln und Sternhaufen, wird William Herrschel. Sehr interessiert verfolgt er die Arbeiten Charles Messiers. Er selbst sucht nicht nach Kometen, sondern setzt konsequent mit Hilfe immer neuerer und größerer Instrumente auf die Erforschung unbekannter Nebel und Sternhaufen.

William Herschel beginnt 1783 mit der Aufstellung eines eigenen Kataloges über Nebel und Sternhaufen. Er schließt die Messier-Objekte von seiner Nummerierung aus und nimmt nur solche in seinem Katalog auf, die neu sind. Innerhalb von 16 Jahren trägt William Herschel an die 2500 Objekte zusammen, die man heutzutage mit einem „H“ vor ihrer Katalognummer bezeichnet.

Zu einer persönlichen Begegnung zwischen William Herschel und Charles Messier kommt es 1802 als William Herschel nach Paris fährt. Aus den Gesprächen ergeben sich keine neuen oder gemeinsamen Vorhaben.

Fernrohre

Wenn Amateurastronomen heutzutage eine Messier-Nacht veranstalten und einen sogenannten Messier-Marathon durchführen, dann sehen sie in etwa soviel wie Charles Messier. Alle seine Objekte aus dem Messier-Katalog sind mit Amateurfernrohren auffindbar. Charles Messier selber beobachtete mit mehreren und unterschiedlichen Fernrohren. Er veröffentlichte 1807 eine Liste seiner zwischen 1765 und 1769 benutzten Fernrohre:

InstrumentBesitzerVergrößerung
1.Refraktor, 7,62 m Brennweite 138fach
2.Achromatischer Refraktor, 3,2 m BrennweiteM.de Courtanvaux120fach
3.Achromatischer Refraktor, 1 m BrennweiteDuc de Chaulnes120fach
4.Refraktor, 7 m Brennweite 102fach
5.Refraktor, 9,1 m BrennweiteM. Baudouin117fach
6.Campani Refraktor, 7,62 m BrennweiteM. Maraldi64fach
7.Gregorianischer Reflektor (Short), 1,8 m BrennweiteM. Lemonnier110fach
8.Gregorianischer Reflektor, 0,76 m Brennweite
und 150 mm Öffnung
9.Newtonscher Reflektor , 1,37 m Brennweite60fach
10.Reflektor, 0,3 m Brennweite, 70 mm ÖffnungM. de Saron44fach
11.Refraktor aus Paris, 5,79 m Brennweite 76fach


Verschwundene und neue Messier-Objekte

Die Astronomiehistoriker haben längst herausgefunden, dass das erste Messer-Objekt, M1, der bekannte Krebsnebel im Sternbild Stier, aus einer Supernova des Jahres 1054 entstand. Vor über 950 Jahren explodierte ein Stern, so dass er, ohne Zuhilfenahme eines Fernrohrs, von chinesischen Astronomen über einen Zeitraum von zwei Jahren beobachtet werden konnte. Charles Messier entdeckte den Krebsnebel 1758 während seiner Jagd nach Kometen und beschrieb ihn so: „Nebelfleck über dem südlichen Horn des Stiers. Enthält keinen Stern. Es ist ein weißliches Licht, langgestreckt wie die Flamme einer Kerze.“

M1 war, wie Charles Messier später selbst erkannte und einräumte, eine Wiederentdeckung von ihm. Die Erstentdeckung gelang John Bevis 1731, der M1 auch in seinem Sternatlas „Uranographia Britannica“ eingezeichnet hatte. Den Namen Krebsnebel prägte Lord Rosse, der M1 mit größeren Fernrohren beobachtete und 1844 die besser erkannten Details mit dem Krebs verglich.

Schon längst sind auch die anderen Messier-Objekte zum Gegenstand der historischen Forschung geworden. Aus dem Vergleich von rund 200 Jahren können Veränderungen bei einigen dieser Objekte festgestellt werden.

Es zeigte sich, dass einige Messier-Objekte strittig sind: M40, M47, M48, M91 und M102. Die von Charles Messier genannten Positionsangaben sind zu ungenau, um auf ein bestimmtes Objekt schließen zu können. Für seine Objekte 102 und 103 gab Charles Messier keine exakten Positionen an, sondern nur Umschreibungen, weil er, so vermutet man, keine Zeit hatte, sie vor der Veröffentlichung zu überprüfen.

Charles Messier kündigte im Jahre 1801 zwar eine Ergänzung zu seinem Katalog an, er publizierte sie aber nie. Erst im vergangenen Jahrhundert wandte sich die Forschung den Messier-Objekten zu und entdeckte Hinweise auf Objekte, die als Ergänzung aufgenommen wurden. Camille Flammarion (1842-1925) bemühte sich sehr um die Quellen von Charles Messier und fand noch einen von Messier handschriftlich notierten Nebel. Camille Flammarion gab ihm die Nummer 104. Eine andere Quelle war ein Brief von Pierre Méchain an den Berliner Sternwartendirektor Johan Bernoulli (III.), in dem er weitere sechs Objekte nannte, die im Astronomischen Jahrbuch 1786, Berlin, veröffentlicht wurden. Astronomiehistoriker schlugen im vergangenen Jahrhundert vor, die Messier-Liste um diese in den Quelle gefundenen Objekte zu ergänzen. Folgt man ihren Gedankengängen, dann kommt man bis zur Messier-Nummer 110.

MessierNGCTypSternbildHelligkeitEntdeckereingefügt durch
1044594Sb GalaxieVirgo8.7 mMéchainFlammarion 1921
1053379E1 GalaxieLeo9.2 mMéchainHogg 1947
1064258Sb GalaxieUrsa Maior8.6 mMéchainHogg 1947
1076171KugelsternhaufenOphiuchus9.2 mMéchainHogg 1947
1083556Sc GalaxieUrsa Maior10.7 mMéchainGingerich 1960
1093992Sb GalaxieUrsa Maior10.8 mMéchainGingerich 1960
110205E5 GalaxieAndromeda9.4 mMessier?Glyn Jones 1966


Quellen

Kenneth Glyn Jones: Messier’s Nebulae & Star Clusters, Cambridge University Press, Cambridge, 1991, 2. überarbeitete Auflage, 427 Seiten.

Schmidt, Eckehard: Charles Messier - ein Leben für Kometen, in Regiomontanusbote 2/1994, 7. Jahrgang, Seite 36 - 41

Steinicke, Wolfgang: Nebel und Sternhaufen: Geschichte ihrer Entdeckung, Beobachtung und Katalogisierung - von Herschel bis Dreyers.

Pennington, Harvard C.: The Year Round - Messier Marathon - Field Guide, 3. Auflage 1999

Eckehard Schmidt