Wie die Sterne in NGC 346 entstanden

von Stefan Deiters, astronews.com, 8. Oktober 2008

Durch die Kombination von Daten verschiedener Teleskope und Beobachtungen in unterschiedlichen Wellenlängen gelang Astronomen nun ein eindrucksvoller Blick in das Sternentstehungsgebiet NGC 346. Mit den kombinierten Daten konnten die Forscher klären, durch welche Mechanismen die Entstehung von jungen Sternen in der Region angeregt wurde.

NGC346
Kombinierter Blick von drei Teleskopen auf das Sternentstehungsgebiet NGC 346: Die Röntgendaten von XMM-Newton sind in blau dargestellt, optische Daten des NTT in grün und Infrarotdaten von Spitzer in rot. Bild: ESO / ESA / JPL-Caltech /NASA / D. Gouliermis (MPIA) et al.
In der jetzt veröffentlichten Aufnahme des Sternentstehungsgebietes NGC 346 wurden Daten des Infrarot-Weltraumteleskops Spitzer der NASA, des europäischen Röntgenteleskops XMM-Newton und des New Technology Telescopes der ESO in La Silla kombiniert. Letzteres machte Beobachtungen im sichtbaren Bereich des Lichtes und wies den Astronomen den Weg zu Bereichen mit glühend heißem Gas in der Region. Die Daten aus anderen Wellenlängenbereichen lieferten dann so manche Hintergrundinformation über das, was im optischen Bereich zu erkennen ist.

NGC 346 ist das hellste Sternentstehungsgebiet in der Kleinen Magellanschen Wolke, einer irregulären Zwerggalaxie, die sich vermutlich in einem Orbit um die Milchstraße befindet und rund 210.000 Lichtjahre entfernt liegt. "NGC 346 ist ein richtiger astronomischer Zoo", meint Dimitrios Gouliermis vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg. Der Astronom ist auch Hauptautor eines Fachartikels über die Beobachtungen, der in der Zeitschrift The Astrophysical Journal erscheinen wird. "Wenn wir Daten aus verschiedenen Wellenlängenbereichen kombinieren, können wir genau unterscheiden, was in den unterschiedlichen Bereichen dieser interessanten Region passiert."

Über das gesamte Sternentstehungsgebiet verteilt finden sich zahlreiche masseärmere Sterne. Die massereichen Vertreter liegen im Zentrum des Haufens. Diese massereichen Sterne sowie der größte Teil der masseärmeren Exemplare entstanden zur gleichen Zeit aus einer gewaltigen dichten Gaswolke. Einige Sterne jedoch bildeten sich später durch einen Prozess, den die Astronomen "angeregte Sternentstehung" nennen. Auslöser für die Entstehung dieser Sterne war intensive Strahlung von massereichen Sternen, die für eine Ausdehnung des Gases und die Bildung von Stoßwellen sorgte. Diese verdichteten kaltes Gas und Staub in der Nähe und regten damit die Entstehung neuer Sterne an. Passiert ist dies in den orange-roten Filamenten, die um das Zentrum des Bildes zu sehen sind.

Allerdings konnte die Entstehung einer anderen Gruppe von massearmen Sternen, die als lila Punkte im oberen Bereich der Aufnahme zu erkennen sind, nicht durch diesen Prozess erklärt werden. "Uns hat brennend interessiert, wie es zur Entstehung dieser recht isolierten Gruppe von Sternen kommen konnte", so Gouliermis. Die kombinierten Daten lieferten den entscheidenden Hinweis. Die Astronomen konnten als Schuldigen einen massereichen Stern ausmachen, der vor rund 50.000 Jahren in einer Supernova explodiert ist. Der Vorgängerstern dieser Supernova hat, so die These der Astronomen, durch seine heftigen stellaren Winde - und nicht durch seine Strahlung - die Sternentstehung angeregt.

So konnten die Astronomen durch Beobachtungen in unterschiedlichen Wellenlängenbereichen in einem Sternentstehungsgebiet gleich zwei verschiedene Prozesse aufspüren, die die Entstehung von neuen Sternen anregen können - nämlich intensive Strahlung von massereichen Sternen sowie der stellare Wind eines sterbenden Riesensterns. "Das Ergebnis zeigt, dass Sternentstehung sehr viel komplizierter sein kann als man denkt und viele Mechanismen eine Rolle spielen", so Gouliermis.